RE: Conbulker Modelle in 1:1250

#121 von Sealord , 23.08.2022 11:02

Wegen einer Anfrage:

folgende Conbulker gibt es nach meiner Recherche im Sammelhafen in unserem Maßstab (bei einigen handelt es sich unabhängig von den Modellnummern um dasselbe Schiff, nur unter anderem Namen und anderen Reedereifarben, andere wiederum sind Schwesterschiffe, also vorher gründlich recherchieren) bis auf die 3 vorgestellten Serien-Frachter sind mir keine weiteren Modelle bekannt:

(OBC25)
Caledonia, SX103
Candia, SX186
Columbia, Arabian Strength Kyle3
Gabriele Wesch Kyle3a
Arabian Strength, Hansa S358
City of Liverpool, Triton1

(Typ B 577)
Valdivia, Valpariso, Valbella, Valdemosa,
Lara Rickmers, Anna Rickmers,
CCNI Arauco,
Westwood Cascade, Westwood Pacific
alle Conrad-Hansa 10466

(C-Box)
Rio Negro, Rio Branco, Rio Grande, Rio Rubino,
Trina Oldendorff
alle Conrad-Hansa 10485

Gruß
Sealord


 
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Arbeitspferde der Seeschifffahrt näher betrachtet

#122 von Sealord , 06.01.2023 18:21

Liebe Sammelkollegen,

zwischen den Jahren entdeckte ich in meiner Sammlung, in der Abteilung Containerschiffe, ein Bille Modell, zu dem ich noch keine Dokumentation angelegt hatte.

Bei dem Modell handelte es sich um BI 178 „CGM CMA AMAZONIA“.



CMA CGM AMAZONIA ex DORADO 1998 von Zhejiang Shipyard, Ningbo China an Rhoden Bereederung GmbH & Co. KG, Hamburg. 4.974 tdw, 406 TEU, 2x 40t Kräne, 16,0kn. Schwesterschiff DELTA.

Nachforschungen zum Original ergaben jedoch, dass dieses Schiff gar kein Vollcontainerschiff ist, wie der äußere Eindruck suggeriert, sondern ein containerfähiger Mehrzweckfrachter. Genauer, ein containerfähiger Mehrzweckfrachter ohne Zwischendeck (Singledecker).

Im Unterschied zu Vollcontainerschiffen sind die Laderäume containerfähiger Mehrzweckfrachter nicht mit Cellguides ausgestattet, die das Laden, Stauen u. Löschen von Containern vereinfachen u. beschleunigen. Dafür haben Mehrzweckfrachter im gesamten Bereich des Laderaumes eine verstärkte Tankdecke, die den Transport von schweren Stückgütern wie z.B. Stahlprodukten erlaubt.

Als ich das Modell in die richtige Abteilung „Multipurpose Singledecker Baujahr 1990ger Jahre“ verlegte, stellte ich fest, dass dort schon ein Vertreter der Gattung vorhanden war, und zwar in etwa der gleichen Größenklasse.

Das Modell Nordica 17, die CELLUS.



CELLUS 1998 von Schiffswerft Hugo Peters, Wewelsfleth an Rörd Baren, Kollmar. 6.350 tdw, 320 TEU, 2x 40t Kräne, 15,0kn. Schwesterschiffe unbekannt.

Ein genaueres Hinschauen und ein Vergleich der beiden Schiffe drängte sich förmlich auf.

Der Rumpf der CELLUS ist 60cm breiter und 75cm höher und hat 1m mehr maximal Tiefgang und damit eine gegenüber der DORADO um 1.376 t höhere Tragfähigkeit (tdw).

Die CELLUS verfügt über einen einzigen großen Laderaum, einer Lukenöffnung mit den Abmessungen 58,10m x 13,85m x 9,25m während bei der DORADO der Laderaum durch einen Brennstoffhochtank mittschiffs zweigeteilt ist, Luke 1: 32,44m x 13,20m x 8,0m und Luke 2: 25,47m x 13,20m x 8,0m.

Der mittschiffs angeordnete Brennstoffhochtank ist den besseren Trimmmöglichkeiten über mit Wasserballast gefüllte Doppelbodentanks geschuldet, die das Beladen mit unterschiedlich schweren Containern vereinfachen. Also ein Hinweis auf eine geplante primäre Nutzung der DORADO auch in der Container-Feeder-Fahrt.

Tatsächlich war das Schiff von 2008 bis 2012 ausschließlich in der Containerfahrt beschäftigt. Heute befinden sich DORADO und die Schwester DELTA noch im Dienst, sie sind hauptsächlich jedoch mit Stückgut unterwegs.

Die CELLUS war dagegen für eine langfristige Beschäftigung bei der schwedischen Waldbauern-genossenschaft Södra Cell AB konzipiert, die mit dem Schiff überwiegend Forstprodukte von südschwedischen zu nord- u. zentraleuropäischen Häfen transportieren. Die CELLUS fährt nach wie vor in ihrer angestammten Beschäftigung für Södra.

Darüber hinaus fällt bei den Schiffen das unterschiedliche Ladegeschirr ins Auge, die CELLUS ist mit konventionellen seilgewippten Turmdrehkränen ausgestattet, während die DORADO über zylindergewippte Kräne verfügt (der Kranausleger wird über Hydraulikzylinder auf u. ab bewegt).

Zylindergewippte Bordkräne haben einige Vorteile:
- Die Platzierung der Führerkabine unter dem Kranausleger ermöglicht eine bessere Sicht auf Ladung u. Laderaum.
- Die vergleichsweise niedrigere und kompaktere Konstruktion führt zu einem günstigeren Schwerpunkt und der Möglichkeit Container an Deck höher zu stauen da sich der Kranausleger am höchsten Punkt des Bordkranes und damit über der Decksladung befindet.
- Während die Seile seilgewippter Turmdrehkräne alle 5 Jahre ausgetauscht werden müssen, sind die zylindergewippten einfacher in der Wartung.
- Der Ausleger kann nicht unkontrolliert (z.B. durch heftigen Wellenschlag) in Bewegung geraten, da der Ausleger von den Hydraulikzylindern immer fest in der jeweiligen Position gehalten werden.
- Der zylindergewippte Kranausleger kann nicht unkontrolliert über die Topposition schlagen, daher können Lasten näher am Kran (bis 2m) abgesetzt werden (bei seilgewippten Kränen beträgt der Sicherheitsabstand mindestens 3m u. mehr)

Auch große Containerschiffe werden mit zylindergewippten Bordkränen ausgerüstet, hier als Beispiel die 2.500 TEU große ADRIANA STAR Baujahr 2003, die Hydraulikzylinder unterhalb der Ausleger sind gut zu erkennen.



Dennoch werden zylindergewippte Bordkräne seltener verbaut, als die seilgewippten, denn sie sind teurer in der Anschaffung, Ersatzteile können häufig nicht weltweit beschafft, sondern müssen beim Original-Krankersteller geordert werden und die Kräne eignen sich nur bis zu einer Hebekraft von 16 - 60 t.

Ich hoffe, meine Betrachtung über die beiden „Multipurpose Single Decker“ sind auch für euch interessant, daher habe ich sie hier geteilt.

Ein gesundes und erfolgreiches 2023
wünscht Euch der
Sealord


 
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RE: Arbeitspferde der Seeschifffahrt näher betrachtet

#123 von ulod , 06.01.2023 20:21

Hallo verehrter Sealord,
zunächst einmal erst ein gutes Neues Jahr!

Zum Thema meiner Cellus als Containerschiff hier eine Anmerkung vom Kollegen Nordstern - die mich so "schwer" getroffen hat, dass ich meine Container im nächsten Hafen habe löschen lassen.

Beste Grüße
Ulrich

(Und genau diese tollen Informationen machen für mich den MR zu besten Forum ever. Beste Grüße auch an den Nordstern und schönste Erinnerungen an Nr. 65!)

Zitat von Nordstern im Beitrag Vorstellung meiner Sammlung (Vorbemerkungen)
Hallo Ulod

Die Cellus mit Container sieht schon hübsch aus . Möchte mit einem schmunzeln die Wirklichkeit erzählen . Auf den Lukendeckel hat noch nie ein Container nach meinem Wissen gestanden . Sie fährt genau wie ihre Namen gleiche Vorgängerin seit Jahrzehnten in Charter einer schwedischen Waldbauer Genossenschaft Cellulose nur unter Deck zwischen Schweden und Deutschland . An Deck steht nur der Ladegreifer unter einer Plane . Aber was soll es, so sieht das Modell interessanter aus . Bei dem großen Vorbild habe ich in all den Jahren noch nie einen einzigen Rostfleck entdecken können . Gerade diese super gepflegte und schöne Farbgebung hat mich so sehr für ein Modell gereizt . Habe sie in jeden Urlaub in Möltenort an der engsten Stelle der Kieler Förde mehrmals vorbei fahren sehen da unsere Ferienwohnung hautnah direkt am Wasser liegt . Mittlerweile hat sie einen großen Scrubber vor den Aufbauten stehen den ich aber nicht in Modell umsetzen wollte . Sie fuhr zuvor viele Jahre ohne . Ihre Vorgängerin Cellus ex . Hildegard Wulff ein Sietas Typ 83 ist vor ein paar Jahren in der Türkei auf einer Abwrackwerft gelandet . Dank dem Reeder und meinem Schiffchen Freund Norbert konnte ich beide in Modell umsetzen . Gerade diese Erlebnisse ergänzen unser Hobby so ungemein schön .

In diesem Sinne grüßt der Nordstern


Am Ende ist alles gut - wenn es noch nicht gut ist, dann ist es auch noch nicht zu Ende.


 
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RE: Arbeitspferde der Seeschifffahrt näher betrachtet

#124 von Sealord , 06.01.2023 20:53

Ja, das liegt daran, dass die CELLUS bisher nie eine andere Beschäftigung hatte, baulich ist sie jedoch auch für den Transport von bis zu 320TEU ausgelegt.
Grüße aus Bremen


 
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Zwischendurch: zwei Spitzenprodukte des Stettiner Vulcan

#125 von Sealord , 17.11.2023 18:35

Liebes Forum,

Die Stettiner Maschinenbau Actien Gesellschaft Vulcan war, 1857 gegründet, aus einer kleinen Vorgängerwerft hervorgegangen. Mit der Reichsgründung 1871 erfuhr der deutsche Schiffbau u.a. durch Aufträge der Kaiserlichen Marine wichtige Impulse.

1897 lieferte der Vulcan den Schnelldampfer KAISER WILHELM DER GROSSE an den Norddeutschen Lloyd ab, der als erstes deutsches Schiff das Blaue Band für die schnellste Transatlantiküberquerung sowohl in östlicher als auch in westlicher Richtung erlangte.

Weniger bekannt ist, dass im Jahr 1893 beim Stettiner Vulcan der erste in Deutschland gebaute Tankdampfer vom Stapel lief. Das Schiff hatte Wilhelm A. Riedemann bestellt und erhielt den Namen DEUTSCHLAND.

1886 hatte der Geestemünder Petroleumhändler und Spediteur Wilhelm A. Riedemann die auf der englischen Werft Armstrong Mitchell & Co., Newcastle nach seinen Vorstellungen gebaute GLÜCKAUF, den ersten Übersee-Tankdampfer der Welt, in Dienst gestellt. Nachdem sich die GLÜCKAUF in der Petroleumfahrt bewährt hatte, war dies der Startschuss für zahlreiche Tankerneubauten zunächst jedoch nur auf britischen Werften.

Mit der DEUTSCHLAND zeigte erstmals eine deutsche Werft dass sie erfolgreich Petroleumtanker bauen konnte. Weitere deutsche Neubauten folgten noch in den 1890ger Jahren vom Vulcan aber auch von Joh. C. Tecklenborg, Geestemünde. Mit der Jahrhundertwende kam HDW in Kiel als dritte deutsche Werft mit zahlriechen Neubauten dieses spezialisierten Frachters hinzu.




Begegnung der beiden Amerikafahrer nach Verlassen der Aussenweser

KAISER WILHELM DER GROSSE, 197,7 x 20,0 m/14.349 BRT/1.760 Pax
4x 4fach Exp. Dampfm./20.594 KW/2 Schrauben/22,3 kn

DEUTSCHLAND, 106,20 x 13,31 m/3.795 BRT/5.350 tdw
1x 3fach Exp. Dampfm. 1.360 KW/1 Schraube/11,0 kn


In meiner Sammlung „Geschichte der Tankschifffahrt“ fehlte ein repräsentatives Modell für die 1890ger Jahre. Von Serienherstellern ist mir kein ziviles Modell bekannt. Auf dem Jubiläums-Treffen in Wittmund (Sammlerkreis Ostfriesland Wilhelmshaven Weser Ems) konnte ich jedoch dies wunderschöne Papiermodell von Hans Peter Weiss ergattern.

Das Modell KAISER WILHELM DER GROSSE ist von Carat.

Beide Modelle machen, obwohl aus so unterschiedlichen Materialien, zusammengestellt ein sehr schönes Bild.

Grüße aus Bremen und ein schönes Wochenende


 
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Open-Top-Containerschiffe 1. Teil

#126 von Sealord , 14.01.2024 20:59

Liebe Sammler,
ein großer Teil der Bestrebungen nach Verbesserungen und wirtschaftlicher Optimierung richtet sich in der Schifffahrt regelmäßig auf die Beschleunigung des Ladungsumschlages bzw. der Verkürzung der Hafenliegezeiten.

Manchmal kommt es dabei zu technischen Lösungen, die schnell wieder verschwinden oder lediglich in einer Nische der Schifffahrt überleben.
Eine dieser Innovationen ist das lukendeckellose Containerschiff oder im Fachjargon Open-Top-Containerschiff. Ein Open-Top-Containerschiff ist ein Containerschiff, das auf dem überwiegenden Teil seiner Laderäume keine Lukendeckel hat um im Hafen den Ladungsumschlag zu beschleunigen.

Das weltweit erste Open-Top-Containerschiff war die 1990 gebaute BELL PIONEER:

BELL PIONEER, Bj. 1990 Open Top Containership - Feeder
(114,50m/16,92m/5,20m/5.815GRT) 301TEU
1xWärtsila 8R32E Diesel 2.730kW 1xVProp., 14,5kn
Teraoka-SY, Nandan/Bell Lines, Waterford. Ein vergrößerter Nachfolgebau.
2014 in der Türkei verschrottet

Mit ihrem niedrigen Deckshaus vorne und klappbaren Signalmasten vorn und achtern sollten die Schiffe in der Lage sein, auch Brücken mit einer geringen Durchfahrtshöhe z.B. auf der Schelde zu passieren.

Etwa zeitgleich entwickelte sich die Idee von großen lukendeckellosen Containerschiffen im Überseeverkehr bei der Linienreederei Nedlloyd. Ihre Tochtergesellschaft Mammoet hatte bereits technische Erfahrung bei der Konstruktion, dem Bau und dem Betrieb von Schwergutschiffen gesammelt, die in offenen Laderäumen sperrige Güter über See transportieren konnten.

Das Ergebnis war der Ultimate Container Carrier UCC 3100 und UCC 4000. Gebaut von 1991 bis 1995 bei den japanischen Werften Ishikawajima und Mitsubishi wurden fünf Panamax Containerschiffe mit 3.500 TEU und zwei Postpanamax Schiffe mit 4.100 TEU Kapazität in Dienst gestellt.

Postpanmax UCC 4000 NEDLLOYD HONGKONG.

NEDLLOYD HONGKONG, Bj. 1994 Open Top Containership - Postpanamax (279,12m/37,75m/12,50m/56.000GRT) 4.112TEU (260Rp)
1xSulzer 8RTA84C Diesel 30.599kW 1xFProp., 22,4kn
Ishikawajima Harima HI, Nagoya/Royal P&O Nedlloyd NV, Rotterdam.
5 kleinere Panamax Vorbauten, 2 Schwesterschiffe. 2013/2014 in Pakistan verschrottet.

Wie ein Open-Top-Containerschiff gegenüber einem konventionellen Containerschiff aufgebaut ist, zeigen die folgenden Schnittzeichnungen:


Bei Open-Top Containerschiffen entfallen die Lukendeckel, lediglich die erste Luke im Vorschiff muss durch wasserdichte Lukendeckel, wie bei einem konventionellen Schiff, verschlossen werden.

Bei großen Schiffen ragen die Cellguides weit über den Laderaum hinaus und erlauben so die Stauung von hohen Lagen mit Boxen in Cellguides über das Lukensüll hinaus. Das Laschen an Deck entfällt, weil die Container in den Cellguides gesichert sind.

Zum Vergleich: das konventionelle Postpanamax Containerschiff APL CHINA

APL CHINA, b. 1995 Containership - Postpanamax
(276,30m/40,00m/14,00m/64.502GRT) 4.826TEU (300Rp)
1xHyunday-MAN B&W 11K90MC-C Diesel 49.523kW 1xFProp., 24,6kn
HDW, Kiel/American President Lines, Arlington.

Die sichtbaren „Gestelle“ an Deck sind bei konventionellen Containerschiffen keine Cellguides sondern Laschbrücken, die lediglich das Sichern der Container an Deck erleichtern sollen. Dazu ein Foto aus einem MacGregor Prospekt:


Des Weiteren sind Open-Top Containerschiffe mit einer Doppelhülle ausgestattet, dessen Volumen dem Schiff auch dann noch ausreichend Auftrieb und Stabilität ermöglicht, wenn Laderäume unter bestimmten Bedingungen geflutet sind.

Die Container stehen nicht direkt auf der Tankdecke, wie bei den konventionellen Containerschiffen, sondern auf etwa 30 cm hohen Sockeln, damit sie nicht direkt im Wasser stehen, falls sich Wasser im Laderaum sammelt. Gleichzeitig sind die Schiffe in allen Laderäumen mit Bilgenalarm und besonders starken Bilgepumpen ausgestattet, damit von oben eingedrungenes Wasser wieder herausgepumpt werden kann.

Darüber hinaus sind die Laderäume nicht mit einer gewöhnlichen CO2 Feuerlöscheinrichtung ausgerüstet, da das Feuer in offenen Laderäumen nicht durch Gas erstickt werden kann. Stattdessen wird eine Anlage eingesetzt, die den betroffenen Bereich kontinuierlich von oben mit Wasser berieselt um die Schiffsstruktur zu kühlen und gleichzeitig den Brand an seinem Ursprungsort einzugrenzen. Hierzu sind wiederum sehr leistungsfähige Löschwasserpumpen erforderlich.

Die Vorteile von Open-Top Containerschiffen sind:

Das Gewicht von schweren Ponton-Lukendeckeln an Deck entfällt = höhere Zuladung/höhere Stabilität durch niedrigeren Schwerpunkt.

Die Wartung von Lukendeckeln, Verschlüssen, Dichtungen etc. entfällt = Kostenersparnis.

Das Öffnen und Schließen der Lukendeckel vor dem Lade/Löschvorgang entfällt = Zeitersparnis.

Das Laschen von Containern an Deck entfällt, da die Cellguides über den Laderaum hinausgehen = Zeitersparnis bei gleichzeitig höherer Sicherheit für die Container in Cellguides.

Um einen bestimmten Containerstapel unter Deck zu erreichen, müssen bei konventionellen Schiffen alle Container entfernt werden, die auf der Luke stehen, da sich die Lukendeckel über mehrere Stapel erstrecken. Bei Open-Top Schiffen kann jeder Stapel (Slot) individuell angefasst werden. Die Container links und rechts können stehen bleiben = Zeitersparnis und hohe Flexibilität bei der Stauplanung.

Ende des ersten Teils, der zweite Teil folgt.


 
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RE: Open-Top-Containerschiffe 2. Teil

#127 von Sealord , 14.01.2024 21:40

Liebe Sammler, hier der 2. Teil zum Thema

Inspiriert durch die Vorteile der Open-Top-Konstruktion hat die Linienreederei Norasia und HDW in Kiel eigene Open-Top-Container entwickelt und gebaut:

NORASIA FRIBOURG, Bj. 1993 Open Top Containership - Panamax
(242,00m/32,24m/12,46m/42.336GRT) 3.429TEU (198 Rp)
1xMitsubishi 7UEC85LS Diesel 27.290kW 1xFProp., 22,5kn
HDW, Kiel/Norasia Lines, Fribourg. 6 Schwesterschiffe. 2013/2018 in Alang verschrottet.

Als Besonderheit waren die Schiffe mit einer leichten Regenabdeckung ausgestattet, die mittels Twistlocks über der obersten Containerlage befestigt werden konnten.

Ende 1990ger Jahre wurde das Know How bei HDW dann noch in Kühlcontainerschiffen umgesetzt, ein zusätzlicher Vorteil bei diesen Schiffen: wegen fehlender Lukendeckel, kann sich die warme Abluft der Integral Container unter Deck nicht stauen und muss daher nicht mittels Technik abgeführt werden.

DOLE CHILE, Bj. 1999 Open Top Reefer Containership
(204,90m/32,24m/10,22m/31.799GRT) 1.023FEU Integral-Reefer
1xSulzer 8RTA72U Diesel 23.920kW 1xFProp., 21,0kn
HDW, Kiel/Dole Fresh Fruit International, Monterey. Schwesterschiff DOLE COLOMBIA.

Das war es dann auch schon bei den Großschiffen, es wurden keine weiteren Open-Top-Containerschiffe in dieser Klasse gebaut, denn die technischen Vorteile mündeten nicht in einer signifikant höheren Wirtschaftlichkeit, die Gründe:

höhere Baukosten durch Volumen d. Doppelhülle, Bilgepumpen u. spezielle Brandbekämpfungstechnik.

Zeiteinsparung im Hafen im Verhältnis zur Seereise auf langen Strecken zu gering, dazu sowieso häufig Wartezeiten in Häfen, die eine schnellere Abfertigung behindern.

Einige Klassen von Gefahrgutcontainer dürfen nach dem IMDG-Code ausschließlich als Decks-Ladung gefahren werden, weil bei Open-Top Containerschiffen das Deck offen ist, müssen sie auf die Mitnahme dieser Container verzichten.

Doch im Short-Sea-Verkehr hat dieser Schiffstyp bis ins neue Millennium überlebt. Die Sietas Werft hat für die europäischen Feeder Verkehre verschiedene Typen und Größen gebaut, hier einige Beispiele:

WERDER BREMEN, Bj. 1999 Open Top Containership - Feeder
(121,92m/18,20m/6,69m/6.400GRT) 700TEU (100Rp)
1xMAN B&W 8L40/54 Diesel 5.300kw 1xVProp., 16,5kn
J. J. Sietas, Hamburg/Beluga Shipping, Bremen. Sietas Typ 160, 20 gebaute Einheiten.


MISTRAL, Bj. 2008 Open Top Containership - Feeder
(134,44m/22,50m/8,70m/9.981GRT) 868TEU (234Rp)
1xMAK 9M43 Diesel 8.400kW 1xVProp. 18,5kn
J. J. Sietas, Hamburg/Reederei Heinz Moje, Drochtersen. Sietas Typ 168, 52 gebaute Einheiten.


THETIS D, Bj. 2009 Open Top Containership - Baltic Max Feeder
(168,11m/26,80m/9,61m/17.448GRT) 1.425TEU (150RPp)
1xMAN B&W 8L58/64 Diesel 11.200kw 1xVProp. 19,0kn
J. J. Sietas, Hamburg/Reederei Drewin, Cuxhaven. Sietas Typ 178, 6 Schwesterschiffe.

Weitere interessante Open-Top-Containerschiffe jedoch ohne Modell in unserm Maßstab sind:

RHONEBORG, 1993 Verolme Shipyard
RIJNBORG; 2007 IHC Holland

Und als teilweise Open-Top-Konstruktion:
4 Schiffe der Eilbek-Klasse, Meyer Werft 2004 (bekannt u.a. die NEW NEW POLAR BEAR, involviert in die Beschädigung einer Ostsee Pipeline). Bei diesen Schiffen sind nur die mittschiffs gelegenen Laderäume ohne Lukendeckel, die an den Seiten haben Pontondeckel (interessante Konstruktion!)

Eine Besonderheit stellen ebenfalls die G4 ConRo-Schiffe der Atlantic Container Line dar (ATLANTIC STAR und ihre 4 Schwestern). Bei den von 2015 bis 2017 gebauten Schiffen sind die Laderäume vor der mittschiffs gelegenen Brücke ausschließlich für Containerladung und in Open-Top-Konstruktion ausgeführt.

Das war es von meiner Teilsammlung „Open-Top-Containerschiffe“. Ich hoffe der Beitrag macht Euch ebenso viel Freude wie mir das Zusammenstellen dieses Artikels.

(die Modelle: BELL PIONEER SeaVee 15, NEDLLOYD HONGKONG Carat 73, APL CHINA Hansa 429, NORASIA FRIBOURG Bille 114, DOLE CHILE Bille 138, WERDER BREMEN Nordica 26, MISTRAL Rhenania Junior 80, THETIS D Rhenania Junior 292.)

Hier noch einmal alle Modelle zum Größenvergleich von Oben:



Liebe Grüße aus Bremen


 
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RE: Open-Top-Containerschiffe 2. Teil

#128 von Thomas V. , 15.01.2024 06:52

Guten Morgen

Sorry, das ich hier so reingrätsche.

Die Eilbek, IMO 9313199, ist heute unter den Namen Baltic Tern (Seeschwalbe) unterwegs.






Die Rijnborg, IMO 9355812 hat’s ins Mittelmeer verschlagen.





Die Schiffe waren seinerzeit des Öfteren in Hamburg und so hatte ich Harry Piel gebeten sie mir zu bauen.



Angenehmen Wochenstart.

Thomas



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RE: Open-Top-Containerschiffe 2. Teil

#129 von Nordstern , 15.01.2024 11:54

Hallo Sealord
Deine fachlichen Beiträge an dieser Stelle lese ich all zu gerne und dann auch noch garniert mit sehr schönen Modell Aufnahmen prima !!!. Ich vermute mal das da maritim berufliche Erfahrungen dahinter stehen . Da sind unsere kleinen Schiffchen natürlich die passende Ergänzung . Vielen Dank für die Beiträge und weiterhin viel Freude daran wünscht der Nordstern .


 
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RE: Open-Top-Containerschiffe 2. Teil

#130 von Jochen Bonfigt , 15.01.2024 14:49

Hallo Sealord,
ich bedanke mich auch ganz herzlich! Habe viele gelernt und sehe einige Modelle nun mit mehr Hintergrundwissen!


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Zur Abwechslung was Schönes zwischendurch

#131 von Sealord , 22.02.2024 17:24

Liebe Sammelgemeinde,
manchmal schaue ich über den Tellerrand meiner Sammlung von Handelsschiffen hinaus und gerate in Versuchung ihr auch andere Modelle beizustellen. In diesem Fall ist es die HMS BEAGLE, ein Papiermodell von Hans Peter Weiss in 1:1250.

Da mich Forschungsreisen und die Evolutions-Theorie neben allem anderen schon immer interessierten, war ich hoch erfreut, als mir das Modell über den Weg lief. Es ist eingebettet in ein sehr kleines Diorama mit Eisschollen, wie sie gelegentlich im Fahrtgebiet um Kap Horn vorkommen:




Wenn man genau hinschaut, kann man auf einer der Eisschollen ein Kaiserpinguin erkennen, vorne weiß und im schwarzen Frack.

Die HMS BEAGLE war ursprünglich ein als Brigg getakeltes 10-Kanonen-Schiff der Cherokee-Klasse. Von dieser Klasse ließ die Royal Navy zwischen 1807 und 1826 insgesamt 104 Schiffe auf britischen Werften (zwei davon in Indien) bauen. Sie hatten 75 Mann Besatzung, die Abmessungen betrugen 27,43m Länge ü. Deck x 7,46m Breite x 3,35m max. Tiefgang. Diese kleinen Kriegsschiffe übernahmen vielfältige Aufgaben in der Royal Navy.

Die HMS BEAGLE wurde 1820 abgeliefert und verbrachte zunächst einige Jahre in der Reserve. Ab 1825 wurde sie für Vermessungsfahrten umgebaut und als Bark getakelt, d.h. sie erhielt achtern ein zusätzliches Deckshaus mit Oberlicht (zum Kartenzeichnen) und zu ihren beiden rahgetakelten Masten einen dritten, einen Besanmast mit Schratsegeln. Diese Takelage war von einer kleineren Mannschaft leichter zu bedienen. Außerdem wurde die Anzahl der Kanonen auf 6 reduziert.

Der zukünftige Auftrag des Schiffes war, bisher schlecht kartografierte Küsten zu vermessen.





Von 1826 bis 1830 begleitete die BEAGLE eine Vermessungsreise an den Küsten Südamerikas zur Kartierung des Gebietes um Kap Horn.
Während der Reise wurden vier junge Feuerländer vom Stamm der Yamana entführt, die später in England erzogen, eine Schulbildung bekamen und englische Namen erhielten (Fueguia Basket, Jemmy Button, Boat Memory und York Minster). Der Name der Figur des Jim Knopf in Michel Endes Roman „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ wurde von der Geschichte des Feuerländers Jemmy Button inspiriert.

1831 stach die BEAGLE erneut mit dem Ziel Südamerika in See, diesmal alleine. Der Kommandant Kapitän Robert FitzRoy nahm auf eigene Initiative Charles Darwin als unbezahlten Naturforscher auf die Reise mit. Auf dieser Fahrt gewann Darwin die Erkenntnisse, aus denen er später seine Evolutionstheorie entwickelte.

Ende 1832 hielt sich die HMS BEAGLE im Gebiet von Feuerland auf, wo für die mitreisenden drei der noch lebenden, in England erzogenen Feuerländer und den Bordgeistlichen Reverend Matthews eine Missionsstation errichtet wurde. Als die BEAGLE ein gutes Jahr später die Missionsstation erneut aufsuchte, war diese verlassen und Jemmy Button zu seinem Volk, seiner Kultur zurückgekehrt und Reverend Matthews ging wieder zurück an Bord der BEAGLE. Auch dies eine hochinteressante Geschichte für sich, die hier nur kurz angeschnitten sei.

1836 kehrte die Expedition nach England heim. Darwin veröffentlichte erst 1865 auf Drängen seiner Unterstützer seine Erkenntnisse in dem Buch „The Origin of Species“, das wie eine Bombe in der damals von der christlichen Theologie geprägten Gesellschaft einschlug und zu heftigen Kontroversen führte.

Kapitän FitzRoy, der ein streng gläubiger Mensch war, verkraftete nie, dass ausgerechnet er Darwin auf der BEAGLE mitgenommen hatte, dessen Theorie er als Irrlehre bezeichnete. Unter Depressionen leidend beging er 1865 Selbstmord.

Von 1837 bis 1843 unternahm die BEAGLE weitere Vermessungsfahrten in australischen Gewässern. Ab 1847 diente sie der Bekämpfung von Schmugglern im Fluss Roach und wurde nach 1870 zum Abwracken verkauft.

Grüße aus Bremen


 
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RE: Zur Abwechslung was Schönes zwischendurch

#132 von RG , 22.02.2024 18:35

Kleiner Zusatz: wenn ich mich an den letzten TV Bericht zum Thema richtig erinnere ,war Darwin zu dieser Zeit ebenfalls (noch?)streng gläubig ...

Und: spätestens seit wir die Erde aus dem All gesehen haben ,fallen wir ja nicht mehr über den Tellerrand runter... auch ich freue mich über ein Modell
von HP Weiss ,die Bounty und als Extra zusätzlich von ihm die Schaluppe von Kpt Bligh auf ihrem Weg...



RG  
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zuletzt bearbeitet 22.02.2024 | Top

RE: Zur Abwechslung was Schönes zwischendurch

#133 von Sealord , 22.02.2024 19:09

Ja, stimmt, erst der frühe Tod seiner Lieblingstochter hat Darwins religiöses Weltbild etwas ins Wanken gebracht.

Deine Bounty kannst Du gerne einmal zeigen (bin neugierig!). Habe auch eine jedoch die von Roland Klinger, die wurde hier schon mal von Manfred Grimm gezeigt.

Grüße aus Bremen


 
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RE: Zur Abwechslung was Schönes zwischendurch

#134 von RG , 22.02.2024 21:09

Gerne


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zuletzt bearbeitet 22.02.2024 | Top

RE: Zur Abwechslung was Schönes zwischendurch

#135 von Sealord , 22.02.2024 21:47

Herzlichen Dank für Deine Bilder von der Bounty und dem Beiboot. Marinegeschichte vom feinsten! und ein Schatz.

Wenn ich Bounty aus Papier mit meiner gegossenen vergleiche, muss ich feststellen, das offensichtlich alle Konturen im Papiermodell schärfer und genauer ausgeführt sind.
Daher glaube ich, dass ab einer bestimmten Größe (Kleine), bzw. bei relativ kleinen Schiffen (kleiner als ca. 40m) in der Papierbauweise eine detailiertere Bauweise mit schärferen Konturen möglich ist, dies fällt insbesondere auf Fotos auf. Papierbauweise ist aber immer auch der Bastelwahnsinn schlechthin.


 
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