Dei Traghetti d’oro, the goldenen Ferrys, die goldenen Fähren

#106 von Sealord , 26.03.2022 20:50

Gestern kam das Päckchen mit der SERENISSIMA EXPRESS, eine wunderschöne japanische Frachtfähre mit italienischer Geschichte.

Die technischen Einzelheiten des Schiffes möchte ich an dieser Stelle nicht wiederholen, sie wurden bereits mit der Vorstellung dieses wunderschönen Modells von Florian Österreicher hier im Forum beschrieben.



In Italien waren die SERINISSIMA EXPRESS sowie ihre Schwestern ALLEMAGNA EXPRESS und ANGLIA EXPRESS als „die Traghetti d’oro“, die „goldenen Fähren“ bekannt. Jedoch nicht wegen ihres goldfarben anmutenden Außenanstrichs sondern wegen eines Korruptions- und Finanzskandals, der dem Steuerzahler sehr viel Geld gekostet hat.

Die drei RoRo-Schiffe wurden von dem sizilianischen Reeder Sebastiano Russotti in Japan bestellt, nach Übernahme an eine seiner kontrollierten Firmen, der Società Mototraghetti Mediterranea, übertragen und dann für fünf Jahre an die Adriatica Navigazione verchartert, die die Schiffe im Liniendienst zwischen dem Mittelmeer und Nordeuropa einsetzte. Die Liniendienste der Adriatica Navigazione wurden teilweise über die staatliche Muttergesellschaft Finmare mit italienischen Steuergeldern subventioniert.

Der Einsatz der drei Frachtfähren bescherten der Adriatica trotz guter Auslastung unerwartet hohe Verluste. Der Grund wurde bald bekannt, die vertraglich vereinbarte Leasingrate erwies sich als dreimal so hoch, wie man es für Schiffe, die einmal 12,8 Mio. USD pro Stück gekostet hatten, erwarten konnte.

Es folgte eine gerichtliche Untersuchung des Falls und die Adriatica war gezwungen, die Schiffe nach zwei Jahren unter Nutzung der vertraglich vereinbarten Kaufoption zu erwerben, um eine schlimmere finanzielle Katastrophe abzuwenden.

Doch auch die Kaufoption hatte es in sich. Der ursprüngliche Kaufpreis wurde mit 14,4 Mio. USD zugrunde gelegt, die bereits seit Zwei Jahren gezahlten Leasingraten waren nur mit 59% auf den Optionspreis anzurechnen.

Sebastiano Russotti aus Catania erzielte mit den drei Schiffen eine traumhafte Rendite, es wurden seine „goldenen Fähren“.

Wie es zu solchen Verträgen mit der Adriatica unter Aufsicht der staatlichen Finmare kommen konnte, blieb ungeklärt. Das Management der Adriatica und der Finmare wurde ausgetauscht.

(Quelle: Commissione Parlametare Per I Procedimenti di Accusa n. 202/VII, 19.12. 1980)

Viele Grüße aus dem sonnigen Bremen


 
Sealord
Kapitän
Beiträge: 485
Punkte: 7.167
Registriert am: 25.09.2014


RoRo-Kühlschiffe - ein Comeback?

#107 von Sealord , 04.04.2022 20:51

Vor einiger Zeit bin ich auf einen Entwurf für ein neuartiges RoRo-Kühlschiff gestoßen, allerdings stammt dieser Entwurf bereits aus dem Jahr 2014:




Das Schiff soll eine Kühlraumkapazität von 800.000 cbf haben!

Es ist neben rollender Ladung speziell für den Transport von Cassetten eingerichtet. Bei dem System handelt es sich um Stahlpaletten ohne Räder (Cassetten) mit den Maßen 2,60m x 12,20m unter die ein Lifttrailer (Translifter) mit kleinen Rädern gefahren werden kann, der die Cassette anhebt und die somit mit einem Zugfahrzeug bewegt werden kann. Die Ladung wird im Hafen auf die Cassetten gestaut und gesichert (z.B. 2x 40ft Container übereinander oder Kartons mit Früchten). Nach Ankunft des Schiffes werden die Cassetten nur noch über die Rampe auf die Decks gefahren und dort abgesetzt siehe mein Beitrag #21 zur ÖSTRAND unter dieser Rubrik).

Das Schiff wird ausschließlich über die äußere und die inneren Rampen beladen, dennoch gibt es 40t Deckkräne für Container oder andere Deckladung, jedoch keine Decksluken.

Bestellt und in Fahrt gebracht wurde dieses Schiff jedoch bisher nicht. Die einzigen jemals gebauten RoRo-Kühlschiffe stehen bei mir (und sicher bei einigen von Euch auch) in der Vitrine:




POINTE SANS SOUCI , 1973 von Dubigeon Normandie S.A. an CGM French Line, Paris. 380.000 cbf Kühlraumkapazität, 150.000 cbf RoRo Garage hinter dem Deckshaus, Geschwindigkeit 19,5kn. Schwesterschiffe: POINTE MADAME u. POINTE LA ROSE.

Die Schiffe waren für den Fruchttransport aus der Karibik nach Dünkirchen konzipiert. Auf der Ausreise von Europa wurden bei Kühlschiffen die Kühlräume, die zumeist durchgehend eine genormte Deckshöhe von 2,20m hatten, bevorzugt mit Export-PKW beladen. Da es sich hierbei um empfindliches und gut zahlendes Frachtgut handelte (empfindliches Gut schont auch die Frachträume).

Der Einbau einer RoRo-Rampe scheint daher nahezuliegen, der Fall liegt jedoch anders.
Eine RoRo-Rampe ist relativ teuer (großes Loch im Rumpf, Stabilität etc.) darüber hinaus lässt sie sich gewöhnlich nicht gasdicht verschließen (technisch möglich, aber noch viel teurer). Gasdichte Laderäume sind jedoch für den Fruchttransport notwendig. Daher werden in der Kühlschifffahrt PKW konventionell über die Luken geladen oder über Sidedoors. Bei den drei Schiffen der POINTE-Klasse endete der RoRo Laderaum (Garage) deshalb hinter dem Deckhaus und war auch nicht für Kühlgüter vorgesehen.

Warum wurden die Schiffe als RoRo-Kühlschiffe konzipiert? Ganz einfach, die CGM war derzeit ein staatliches Unternehmen und der Französische Staat wünschte sich aus militärstrategischen Gründen RoRo-Kapazitäten und als man damit diese Kühlschiffe ausstattete, brauchte man auf die Wirtschaftlichkeit nicht besonders Rücksicht zu nehmen.

1986 gingen die Schiffe in die Bereederung der Hamburger Horn Linie (HORNSTAR, HORNGULF, HORNWIND), an der die CGM eine mehrheitliche Beteiligung hielt. Anfang 1993 wurden die Schiffe in Hamburg aufgelegt und im August desselben Jahres verschrottet (ein für Kühlschiffe relativ kurzes Leben).

Doch die Schiffe hatten Nachfolger. 1988 bestellte die Horn Linie in Jugoslawien 3 neue Kühlschiffe und auf Wunsch der Französischen Anteilseigner sollten diese wieder RoRo-Kapazitäten haben.




HORNBAY, 1990 von Uljanik Shipyard, Pula an Horn Linie, Hamburg. 490.000 cbf Kühlraumkapazität, 88.000 cbf RoRo-Garage unter dem Deckshaus, 322 TEU, Geschwindigkeit 20,0kn. Schwesterschiffe HORNBAY u. HORNCLIFF.

Die Schiffe konzipierte man diesmal so, dass die Schotten zu den Kühlladeräumen mit gasdicht verschließbaren Türen ausgestattet wurden, so dass PKW die beiden oberen Decks der Kühlladeräume auch über die RoRo-Rampe der Garage erreichen konnten. Die Rumpfform und Laderäume waren überdies so gestaltet, dass möglichst viele Paletten ohne großen Stauverlust geladen werden konnten. Neben der Palettenfähigkeit konnten Container mit vier bordeigenen 25t Kränen umgeschlagen werden. Die Decks im Garagenteil hatten hohe Räume, so dass diese für LKW, Baumaschinen und andere sperrige Güter geeignet waren. Die Heckrampe war mit bis zu 50 t (u.a. Panzer) belastbar.

Der Einsatz der Schiffe erfolgte auf der Route Hamburg und Le Havre über Ponta Delgada (Portugal) nach Pointe a Pitre (Guadeloupe), Fort de France (Martinique), Cartagena (Kolumbien), Moin (Costa Rica), zurück nach Dover, Antwerpen u. Hamburg. An Bord gab es Einrichtungen für 12 Passagiere.

Diese drei Exoten unter den Kühlschiffen wurden erst zwischen 2017 u. 2020 in Alang abgebrochen und waren, soweit ich es ermitteln konnte, die letzten ihrer Art.




POINTE SANS SOUCI Sextant 79, HORNBAY Bille 130.

Viele Grüße aus Bremen (auch kalt und verregnet)


 
Sealord
Kapitän
Beiträge: 485
Punkte: 7.167
Registriert am: 25.09.2014


RE: RoRo-Kühlschiffe - ein Comeback?

#108 von Nordstern , 04.04.2022 22:55

Dieser RoRo Kühlschiff Entwurf von 2014 finde ich im Gegensatz zu vielen neuen RoRo Neubauten in der heutigen Zeit ungemein Formschön . Schaut man sich den heutigen Anstrich der DFDS Schiffe in schwarz / weiß an dann verzichte ich gerne auf ein Modell und träume von den alten als sie noch die drei wunderbaren blauen Streifen hatten . Und die Kölner Stadt Verwaltung hat jetzt auch aus ihrem Briefkopf die beiden Dom Spitzen verbannt . Ja , ja das sind eben die jungen Werbe Fachleute .
Aber wie sagt der Kölner " Jeder Jeck ist anders " . In diesem Sinne grüßt der Nordstern .


 
Nordstern
Steuermann
Beiträge: 151
Punkte: 2.115
Registriert am: 05.08.2014


RE: RoRo-Kühlschiffe - ein Comeback?

#109 von Rathgeb , 05.04.2022 09:12

Danke für die - wie immer - höchst interessanten Informationen!

Ein kleiner Tippfehler:

Zitat von Sealord im Beitrag #107
HORNBAY, 1990 von Uljanik Shipyard, Pula an Horn Linie, Hamburg. 490.000 cbf Kühlraumkapazität, 88.000 cbf RoRo-Garage unter dem Deckshaus, 322 TEU, Geschwindigkeit 20,0kn. Schwesterschiffe HORNBAY u. HORNCLIFF.


Du hast die HORNBAY zweimal aufgeführt und dafür die NORDCAP vergessen.

Das sehr schöne Bille-Modell hab ich auch in meiner Sammlung.

Gruss
Peter


 
Rathgeb
Kapitän
Beiträge: 508
Punkte: 6.010
Registriert am: 28.07.2017


RE: RoRo-Kühlschiffe - ein Comeback?

#110 von Thomas V. , 05.04.2022 09:31

Moin Peter

Nordkap?? Da hat dir die Technik ein Streich gespielt.

Thomas



Thomas V.  
Thomas V.
Steuermann
Beiträge: 305
Punkte: 3.852
Registriert am: 25.12.2021


RE: RoRo-Kühlschiffe - ein Comeback?

#111 von Rathgeb , 05.04.2022 09:36

Stimmt - ich meinte natürlich HORNCAP!

Ist immer schön, wenn man etwas falsch korrigiert!!

Danke und Gruss,
Peter


 
Rathgeb
Kapitän
Beiträge: 508
Punkte: 6.010
Registriert am: 28.07.2017


RE: RoRo-Kühlschiffe - ein Comeback?

#112 von Thomas V. , 05.04.2022 09:50

Ich hasse diesen Schlaumeier in den Technikkisten. Meiner hatte aus Leergut, Lederhut gemacht.

Thomas



Thomas V.  
Thomas V.
Steuermann
Beiträge: 305
Punkte: 3.852
Registriert am: 25.12.2021


RE: RoRo-Kühlschiffe - ein Comeback?

#113 von Sealord , 05.04.2022 09:57

Herzlichen Dank für den Hinweis.

Ja, war schon spät gestern Abend, die drei Schwestern sind natürlich HORNBAY, HORNCAP und HORNCLIFF!

Leider ist das Foto auch etwas gelbstichig geraten, weil mein Beleuchter die falsche Lampe angeschaltet hat. Daher hier noch einmal ein besseres von diesem schönen Bille Modell:


 
Sealord
Kapitän
Beiträge: 485
Punkte: 7.167
Registriert am: 25.09.2014


RE: RoRo-Kühlschiffe - ein Comeback?

#114 von Nordstern , 05.04.2022 16:20

Hallo Sealord
Das Foto ist sagenhaft echt wie im Original . Das Wasser , der Horizont , die Hecksee , einfach großartig !!!. Da sieht man auch wieder das man nicht zu nah ein Modell fotografieren darf . Das gibt doch immer ein falsches Bild wie unter dem Mikroskop .

Es grüßt der Nordstern


 
Nordstern
Steuermann
Beiträge: 151
Punkte: 2.115
Registriert am: 05.08.2014


GREAT EASTERN

#115 von Sealord , 18.04.2022 00:32

Liebes Forum,
über die Osterfeiertage habe ich mir einmal die für ihre Zeit außergewöhnliche GREAT EASTERN aus meiner Sammelvitrine geholt und auf der Foto-Bühne in Szene gesetzt.



Anfang 1852 finalisierte der geniale Ingenieur Isambard Kingdom Brunel, der bereits die beiden Schiffe GREAT EASTERN (1838) und GREAT BRITAIN (1845) konstruiert hatte, seine Überlegungen für ein Schiff, welches in der Lage sein sollte, genügend Kohle aufnehmen zu können, um damit entfernte Ziele wie Australien zu erreichen.

Aufgrund der hohen Verbräuche der damaligen Dampfmaschinen, musste dieses Schiff sehr groß, für die Zeit gigantisch, sein.

Zusammen mit dem erfahrenen Schiffbauer und Werftbesitzer John Scott Russell entstand der in Eisen auszuführende doppelwandige Entwurf für die GREAT EASTERN. Sie erhielt folgende Abmessungen: 211,0m Länge, 25,3m Breite Tiefgang max. 9,1m, Vermessung 18.915 GRT.

Die Antriebsanlage bestand aus zwei Dampfmaschinen, eine für den Propeller und eine für die beiden Seitenräder, die man benötigte, weil ein ausreichend großer Propeller für solch ein Schiff noch nicht zur Verfügung stand (mit der Alternative eines Zweischraubenantriebs hatte man ebenfalls noch keinerlei Erfahrung).
Die Maschinenanlage wurde von zehn Dampfkessel befeuert und leistete 4.900 PS für den Propeller und 3.400 PS für die Seitenräder. Die Geschwindigkeit betrug 13,0Kn.

In den Brennstoffbunkern konnten bis zu 9.000t Kohle untergebracht werden. Bei dieser Menge betrug die Ladefähigkeit für Fracht ca. 6.000 t. Bei einem Brennstoffverbrauch von ca. 375 t/Tag hätte man mit ausreichend Reserven Kapstadt erreichen und mit einem Bunkerstopp nach weiteren 23 Tagen China oder Australien anlaufen können. Für die Bebunkerung der GREAT EASTERN mit Kohle waren zwischen 10 und 12 Tage erforderlich. Insgesamt konnten auf dem Schiff inkl. Zwischendeck 4.000 Passagiere untergebracht werden.

Mit 12.000 t Gewicht des noch nicht ausgerüsteten Neubaus war der Rumpf beim Stapellauf am 31.01.1858 das größte bis dahin jemals von Menschen bewegte Objekt.

Der Bau und die Indienststellung 1859 erfolgte für Rechnung der Eastern Steam Navigation Company, die im Jahr 1951 gegründet worden war und erfolglos versucht hatte, Postverträge der britischen Regierung für Australien und China zu akquirieren.

Doch der wirtschaftliche Erfolg blieb den Investoren verwehrt, nach Kiellegung am 1. Mai 1854 war der Baufortschritt immer wieder durch finanzielle Schwierigkeiten der Werft verzögert worden. Der erste Stapellauf im November 1857 misslang wegen technischer Probleme, der zweite Versuch gelang Ende Januar 1858. Die Ausrüstung zog sich bis in den September 1859 hin und nach einer Dampfkesselexplosion bei der Jungfernfahrt im September 1859 erfolgte die erste Reise, die über den Atlantik in die USA führte und ohne Zwischenfälle verlief, erst im Juni 1860.

Doch selbst auf der Transatlantikroute, die sich durch das höchste Passagieraufkommen auszeichnete, konnte das Schiff nicht ausreichend ausgelastet werden und fuhr für die Reederei Verluste ein. Die GREAT EASTERN war mit ihrer Transportkapazität ihrer Zeit viel zu weit voraus und passte in kein wirtschaftliches Konzept. Hinzu kamen Unglücksfälle, wie eine Strandung, die den Betrieb immer wieder unterbrachen.

1865 wurde sie versteigert und zum Kabelleger umgebaut. Die GREAT EASTERN legte das erst Transatlantik Kabel, welches nach einigen Zwischenfällen 1866 erfolgreich in Betrieb genommen werden konnte. Ein weiteres Seekabel legte sie von Suez nach Bombay, wobei sich herausstellte, dass das Schiff für die Passage durch den Suezkanal zu groß war.

Nach etwa 12 jähriger Aufliegezeit und einer zwischenzeitlichen Nutzung als Ausstellungsschiff wurde die GREAT EASTERN im Jahr 1889 in Liverpool abgewrackt.




Zum Vergleich hier die GREAT EASTERN (Modell Classic Ship Collection CSC 26) mit einem der damals üblichen Transatlantik-Liner (PÉREIRE, Bj 1866, 320 Passagiere) und einem der damaligen Arbeitspferde des Welthandels (Bark PROFESSOR, Bj 1865, 745 t Tragfähigkeit), beide Schiffe sind wie die GREAT EASTERN aus Eisen gebaut.

Happy Easter(n) und Grüße aus Bremen


 
Sealord
Kapitän
Beiträge: 485
Punkte: 7.167
Registriert am: 25.09.2014


RE: GREAT EASTERN

#116 von Sealord , 18.04.2022 01:14

Kleine Korrektur: vor der GREAT EASTERN hat Herr Brunel die GREAT WESTERN und die GREAT BRITAIN entworfen.


 
Sealord
Kapitän
Beiträge: 485
Punkte: 7.167
Registriert am: 25.09.2014


Ergänzung zu meinem Beitrag über LPG Gastanker

#117 von Sealord , 01.05.2022 17:15

Liebe Sammelgemeinde,

gestern konnte ich meine Gastanker Flotte, die ich in meinem Beitrag #71 vom 08.08.2021 vorgestellt habe, weiter vervollständigen.

Der flüssige Aggregat-Zustand der verschiedenen Gase wird im Seetransport durch unterschiedliche Techniken aufrechterhalten:

1. durch Druck, (Fully-Pressurized)
2. durch Kühlung (Fully-Refrigerated)
3. durch Kombination von Druck und Kühlung (Semi-Pressurised or Semi-Refrigerated)

Modelle von Schiffen, die das Gas im Fully-Refrigerated oder im Semi-Pressurised/Refrigerated Zustand transportieren, finden sich in meinem Beitrag (siehe #71),

Beispiele für moderne Fully-Pressurized Tanker gab es bisher als Modell in 1:1250 jedoch nicht.

Dankenswerter Weise hat nun Albatros mit der DANUBEGAS (AL 301) ein solches Schiffsmodell herausgebracht.



DANUBEGAS (Fully-Pressurized, 18,0 bar)
1998 von Severnav SA Turnu Severin, Rumänien an Hartmann Reederei, Leer.
2 Tanks ttl. 4.359 cbm, LPG u. VCM (Vinylchloride Monomer), 2 Grades, 14,5kn (noch in Fahrt).

Die DANUBEGAS pendelt im Werkverkehr zwischen dem Dow Chemical Braakman Port in Terneuzen und dem Dow Chemical -Terminal in Stade-Bützfleth. Im Wesentlichen wird verflüssigtes Propylene-Gas für die Propylenoxid Herstellung im Werk Stade transportiert. Das Schiff ist also ein regelmäßiger Gast auf der Elbe.

Viele Grüße aus Bremen


 
Sealord
Kapitän
Beiträge: 485
Punkte: 7.167
Registriert am: 25.09.2014


Zwischendurch ein Abschied von der Afrikafahrt

#118 von Sealord , 02.05.2022 22:51

Heute einmal wieder etwas für zwischendurch:

Kürzlich konnte ich noch ein Modell der PRINCIPE PERFEITO ergattern (Ri 285a), einen Passenger-Liner aus den 1960ger Jahren, als diese Art von Schiffen langsam dem zunehmenden Passagier-Luftverkehr weichen mussten und das Ende einer Ära des Reisens eingeläutet wurde. Hier ein Foto des Schiffes auf seiner Ausreise von Lissabon nach West- und Ost- Afrika.




PRINCIPE PERFEITO 1961 von Swan Hunter, Wallsend an Companhia Nacional de Navegacao (CNN), Lissabon. 19.393 GRT, 2 Parsons-Dampfturbinen auf 2 Propeller, 20,0kn. Passagiere: 200 1. Klasse, 800 Touristenklasse.

Das Schiff war auch für den Transport von Truppen in die Portugiesischen Kolonien vorgesehen und verkehrte im vom Staat subventionierten Dienst zwischen Lissabon und Beira, Mosambik. Die Reiseroute führte jedoch nicht durch den Suezkanal sondern auf einer langen Reise über die westafrikanische Küste. Unterwegs wurden Funchal, Sao Tomé, Luanda, Lobito, Mocamedes, Kapstadt und Lourenco Marques angelaufen.

1976 musste der Verkehr jedoch wegen der politisch instabilen Lage in den seit 1975 unabhängigen Kolonialgebieten eingestellt werden. Vorher kämpfte die Reederei bereits mit wirtschaftlich nicht mehr auskömmlichen Ergebnissen.

Die PRINCIPE PERFEITO wurde verkauft, der geplante Umbau in ein Kreuzfahrtschiff wurde vom Käufer jedoch nicht realisiert und das Schiff weiterverkauft. Zunächst erfolgte der Einsatz als Wohnschiff. Von 1992 bis 2001 war die PRINCIPE PERFEITO dann vor Eleusis aufgelegt bis sie 2001 nach Alang, Indien, zum Abbruch geschleppt wurde, die Verschrottung begann im Juli 2001.

Das Schiff befand sich bis zuletzt noch weitgehend im Originalzustand inklusive Teile der ursprünglichen Ausstattung. Leider hat es dieser schöne Liner nicht in eine zweite Karriere als Kreuzfahrtschiff geschafft.
Grüße aus Bremen


 
Sealord
Kapitän
Beiträge: 485
Punkte: 7.167
Registriert am: 25.09.2014


Conbulker

#119 von Sealord , 22.08.2022 19:30

In den 1970ger Jahren eroberte die Containerschifffahrt im raschen Tempo die Liniendienste, zwar waren große Teile der Handelsrouten und Schiffsladungen noch nicht containerisiert doch die zukünftige Bedeutung des Containerverkehrs war bereits abzusehen.

Dieser Wandel beeinflusste die Werften bei der Konstruktion neuer Stückgutschiffe und Massengutfrachter, die nun in der Lage sein sollten, zusätzlich Container zu transportieren oder vom angestammten Stückgut bzw. Massengutmarkt ggfls. in den Containerverkehr zu wechseln, wenn dort mehr Geld zu verdienen war oder Ballastreisen vermieden werden konnten.

Die Bandbreite der containerfähigen Ideen reichte von Frachtern, bei denen eine Luke oder die Decksfläche zusätzlich mit Containerstellplätzen ausgerüstet war, über Semicontainerschiffe, bis hin zu Schiffen, die komplett von einem anderen Ladungsmarkt in die Containerschifffahrt wechseln konnten.

Eine konsequente Entwicklung unter diesen Schiffen war der von HDW in den 1970ger und 1980ger Jahren gebaute OBC 25 (Ore/Bulk/Container Carrier 25.000tdw) oder einfacher auch Conbulker genannt.

Das Schiff sollte sowohl in der Massengutfahrt als auch in der Containerschifffahrt einsetzbar sein oder auch gleichzeitig Bulkladung u. Container transportieren. Dabei sei kurz erwähnt, dass Massengutfrachter neben Schüttgut auch Stahlprodukte, Röhren, Forstprodukte, Ladung auf Palletten, gesackt oder in Big Bags transportieren und damit preisgünstig immer auch im teuren Stückgutmarkt wildern.

Der erste OBC 25 kam 1978 für die Reederei C. F. Ahrenkiel in Fahrt, die insgesamt 11 Einheiten bis 1985 in Dienst stellte.




COLUMBIA, 1978 von HDW an C. F. Ahrenkiel, Hamburg, 25.550 tdw, 1.140 TEU (32 Anschlüsse f. integral Kühlcontainer), 5 x 25t Kräne, 16,5 kn. Das Schiff fuhr überwiegend im Containerverkehr u.a. als ARABIAN STRENGTH zwischen Europa und dem Persergolf f. P&O u. UASC, 1981 nach China verkauft, Verbleib unbekannt. 14 Schwesterschiffe, teilweise mit 4 Kränen und unterschiedlichem Schornstein. (Modell Kyle 3)

Die Unterschiede zum reinen Containerschiff bzw. reinen Bulker sind beim Conbulker die folgenden:

Die Tankdecke des Conbulkers ist wie beim Bulkcarrier immer für schwere Ladungen wie z.B. Erze und Stahlprodukte durchgängig verstärkt, während sie beim reinen Containerschiff lediglich bei den Aufnahmepunkten der Containerecken entsprechend stark ist.

Die Laderäume sind wie beim Containerschiff in Doppelhülle und boxshaped (kastenförmig) ausgeführt und nicht wie beim Bulkcarrier selbsttrimmend mit Hopper- und Wingtanks ausgestattet (siehe Fotos).



Sie sind jedoch nicht mit Zellgerüsten für die Container versehen, sondern lediglich mit in der Tankdecke eingelassenen Befestigungspunkten für die Twistlocks, mit denen die Container gesichert werden. Der kastenförmige Laderaum ohne Unterstau bietet nebenbei Vorteile beim Laden u. Löschen der o.g. Stückgüter, die häufig auch von Massengutfrachtern transportiert werden.

Die Luken Abdeckungen bestehen wie beim Containerschiff aus Ponton-Lukendeckeln mit Aufnahmepunkten für die Twistlocks. Sie sind die preisgünstigere Variante, um das hohe Gewicht der hoch an Deck gestapelten Container aufzunehmen. Falt-Lukendeckel, wie beim Bulkcarrier, die bei einsetzendem Regen rasch geschlossen werden können, kommen hier aus Kostengründen (bei entsprechender Stärke) gewöhnlich nicht zum Einsatz.

Die Maschinenanlage von Bulkcarriern ist in der Regel für eine Geschwindigkeit von maximal 14,5 kn ausgelegt, Containerschiffe gleicher Größe bewegen sich dagegen im Bereich von deutlich über 20,0 kn. Die Geschwindigkeit von Conbulkern orientiert sich dabei eher an der von Bulkern, jedoch häufig 1 - 3 kn mehr.

Die Rümpfe von Conbulkern sind etwas schlanker gebaut als die von Bulkern jedoch völliger als Containerschiffsrümpfe.


Ab 1982 kamen die restlichen drei Schiffe des OBC 25 für die Reederei Jonny Wesch in Fahrt:





GABRIELE WESCH, 1983 von HDW an Reederei Jonny Wesch, Jork, 25.150 tdw, 1.320 TEU (64 Kühlcontaineranschlüsse), 4 x 36t Kräne, 16,0 kn. In Fahrt als VICTORIA BAY in Charter für die Containerlinie OOCL, später für NORASIA als NORASIA GABRIELE am 29.05.1985 auf der Reise von Damman nach Karachi im Golfkrieg von einer Iranischen Rakete getroffen, wieder instandgesetzt. 2002 nach Bangkog verkauft (THOR CAPTAIN), Verbleib unbekannt. Schwesterschiffe: REBECCA WESCH u. KARSTEN WESCH. (Modell Kyle 3A)

1995 begann die Rickmers Reederei eine Kooperation mit der Chilenischen Linien-Reederei CCNI, die die Modernisierung ihrer Flotte nicht aus eigenen Mitteln bewerkstelligen konnte. Nach CCNI Wünschen entwickelte die polnische Werft Stocznia Szczecinska einen Conbulker (Typ B577), der von Rickmers bestellt und bereedert wurde und im CCNI Liniendienst zwischen Europa und Chile zum Einsatz kam.

Die Ausreise von Europa erfolgte mit zum größten Teil containerisierten Exportwaren und auf der Rückreise wurden größtenteils Leercontainer sowie in den Laderäumen 2, 4, 5 und 7 chilenisches Kupfererz für die Norddeutsche Affinerie in Hamburg gefahren, mit der die Chilenen langfristige Verträge hatten.





LARA RICKMERS, 1997 von Stocznia Szczecinska SA, Stettin an Reederei B. Rickmers, Hamburg 45.070 tdw, 1.854 TEU (66 Kühlcontaineranschlüsse), 1x 45 t u. 2 x 40 t Kräne, 15,5 kn. Schwesterschiffe: ANNA RICKMERS, VALDIVIA, VALPARISO, VALBELLA, VALDEMOSA, CCNI ARAUCO, SOPHIE RICKMERS. (Modell Conrad-Hansa 10466)




Wie auf dem Foto auch am Modell gut erkennbar: die Luken 2,4,5 u. 7 sind mit Klapplukendeckel ausgestattet, die ein schnelles Schließen ermöglichen. Zu beachten auch das weit achtern stehende Deckshaus, davor über dem Maschinenraum konnten, wie beim Containerschiff, weitere Container gestaut werden.

Auf der Suche nach Aufträgen entwickelte die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft für ihren Mehrheitseigentümer, der Reederei Egon Oldendorff, Lübeck, einen kostengünstigen 20.000 tdw Conbulker mit der Bezeichnung Compact-Box (C-Box), von dem eine Serie von 11 Schiffen gebaut wurde.

Das Typ-Schiff, die CATHRIN OLDENDORFF wurde im Dezember 1997 abgeliefert, die beiden letzten Frachter dieser Serie wurden im Februar und April 2000 abgeliefert.





TRINA OLDENDORFF, 2000 von FSG, Flensburg an Egon Oldendorff, Lübeck, 20.567 tdw, 1.300 TEU,
2 x 60t Kräne, 17,0 kn. (Modell Conrad-Hansa 10485)

Zum Ende dieser Betrachtung sei noch darauf hingewiesen, dass es sich bei Conbulkern ehr um eine seltene Spezies handelt. In der Containerschifffahrt sind Containerschiffe unschlagbar und in der Massengutfahrt Bulkcarrier immer die optimale Wahl. Conbulker sind heute in der Containerschifffahrt zu langsam (Reise-Geschwindigkeit und Ladungsumschlag) und für die Massengutfahrt in Bau und Konstruktion im Vergleich zum reinen Bulker zu teuer.
In Nischenmärkten (z.B. in der Chile-Fahrt) mögen sie erfolgreich sein.

Noch ein Hinweis: aus transport-technischer Sicht handelt es sich bei Conbulkern um Multipurpose Singledecker, eine an Varianten reiche Großfamilie, deren Vorstellung eines weiteren Beitrages bedarf.

Herzliche Grüße aus Bremen


 
Sealord
Kapitän
Beiträge: 485
Punkte: 7.167
Registriert am: 25.09.2014


RE: Conbulker

#120 von Nordstern , 23.08.2022 09:59

Hallo Sealord
Deine Beiträge hier im MR sind eine tolle Bereicherung und wirklich interessant . Vielen Dank dafür !!!.

Es grüßt der Nordstern


 
Nordstern
Steuermann
Beiträge: 151
Punkte: 2.115
Registriert am: 05.08.2014


   

Seeherrschaft Deutschland
So fing es an ...

disconnected Foren-Chat Mitglieder Online 0
Xobor Ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz