Buchtipp

#136 von Laiva , 23.02.2024 07:29

Tolle Modelle - bin beeindruckt.

Für jeden, den der Hintergrund der Meuterei interessiert, empfehle ich das Buch "Die Bounty - Die wahre Geschichte der Meuterei auf der Bounty" von Caroline Alexander.
Eine andere Geschichte als die, die uns die berühmten Hollywoodfilme erzählen.


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RE: Buchtipp

#137 von Jürgen Streich , 24.02.2024 10:33

Ich kann Laiva nur beipflichten. Vor Jahren habe ich mir diesen gut lesbaren
Wälzer (über 600 Seiten) auch vorgenommen. Fast 70 Seiten nehmen Bezug auf die Quellen
bzw. Quellenlage wie Gerichtsprotokolle, Logbücher, Tagebücher etc. etc..
Danach betrachtet man die diversen Verfilmungen nur noch noch als "Märchen"filme.


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Open-Top-Containerschiffe Nachtrag

#138 von Sealord , 22.04.2024 12:31

Liebes Forum,
In einem Gespräch mit Sammler-Kollegen über außergewöhnliche Schiffe der Norasia Reederei, die Ende der 90ger Jahre in Schifffahrtskreisen und der Fachpresse diskutiert wurden, erfuhr ich, dass es davon ein Vollrumpfmodell der Fa. Conrad gibt. Kürzlich konnte ich ein solches ergattern und stellte zudem fest, dass es sich bei diesen Schiffen um Open-Top-Containerschiffe handelte, das hatte ich gar nicht mehr auf dem Schirm.

Deshalb hier nun der notwendige Nachtrag zu meinem Beitrag auf Seite 9 #126 über Open-Top-Containerschiffe vom 14.01.24:

Ende der 1990ger Jahre entwickelte die Schweizer Reederei Norasia Lines, Fribourg zusammen mit der Howaldtswerke-Deutsche Werft, Kiel einen unkonventionellen, besonders schnellen Feederschiffstyp, welcher die Containerlaufzeiten verringern sollte.

Der Werft Typ mit der Bezeichnung NG254 FFB Fast Feeder Containerschiff hat eine Containerkapazität von 1.388 TEU und konnte eine Geschwindigkeit von knapp über 26 kn erreichen. In Schifffahrtskreisen werden die Schiffe als Containerfregatten bezeichnet.


NORASIA SALOME, Bj. 1998, Open Top Containership – Handysize Feeder (216,0m/26,66m/9,42m/25.219GRT)
2 x MAN-SE-9L-58/64 Diesel 25.365kW 1xVProp., 26,1kn
Howaldtswerke-Deutsche Werft, Kiel/Norasia Lines, Fribourg.
Schwesterschiffe: NORASIA SAMANTHA, NORASIA SAVANNAH, NORASIA SHEBA, NORASIA SCARLET, NORASIA SULTANA, NORASIA SELINA, NORASIA SHEREEN, NORASIA SALWA, NORASIA SABRINA.

HDW Kiel baute 5 Einheiten, die von Juni 1998 bis Januar 1999 abgeliefert wurden. Auf der chinesischen Werft Jiangnan Shipyard entstanden von 1999 bis 2000 für die Reederei 5 weitere Einheiten mit dem gleichen Antrieb, allerdings von Sulzer (16VZAV40S). Die Chinabauten sind äußerlich erkennbar an einer großen V-förmigen Auslassung im vorderen Schanzkleid.

Die Schiffe sind als Open-Top-Containerschiffe ausgelegt, damit auch die Hafenliegezeiten möglichst kurz gehalten werden konnten.



Das äußere Erscheinungsbild der Schiffe ist ungewöhnlich, von vorne bis etwa zur Schiffsmitte ist das Deck höher ausgeführt, um die offenen Laderäume vor überkommender See zu schützen.
Das Deckshaus wirkt in seinem stromlinienförmigen Design futuristisch. Der Rumpf ist lang und schmal, das Unterwasserschiff hat im Querschnitt eine rundliche Form mit einer hohen Aufkimmung.

Die Antrieb besteht aus einer Doppelmotorenanlage, die über ein Getriebe auf eine Welle mit einem einzelnen Propeller wirkt. Der Brennstoffverbrauch ist mit 105 t HFO bei 25kn angegeben und war, selbst für damalige Zeiten, für ein Schiff dieser Größe außergewöhnlich hoch.

Ein Vergleich mit einem gewöhnlichen Open-Top-Containerschiff, der THETIS D aus dem o.g. vorherigen Beitrag, drängt sich auf:

Die THETIS D ist Baujahr 2009 und mit 26,7m etwa genau so breit wie die NORASIA SALOME (26,6m) doch 49m kürzer als die Containerfregatte.
Die Containerkapazität beträgt 1.425 TEU bei dem Baltic Max Feeder, die Fregatte kann 1.388 TEU laden. Doch dieser Vergleich hinkt bei Containerschiffen, aussagekräftiger ist die Kapazität bei homogener Beladung mit 14 t schweren 20 Fuß Containern. Diese beträgt bei der THETIS D 1.030 TEU und bei der NORASIA SALOME lediglich 821 TEU.

Die THETIS D ist für eine Höchstgeschwindigkeit von 19,0kn ausgelegt bei einem Brennstoffverbrauch von nur 47,3 t HFO pro Tag.



Die Fast Feeder Containerschiffe wurden von Norasia Lines im Canada Express Service (Zeebrügge/Montreal) und im Pacific Northwest Service (Vancouver/Busan) eingesetzt.

Anfängliche Probleme mit der Antriebsanlage, insbesondere der Getriebe, der Containerfregatten führten zu längeren Ausfallzeiten. Sie konnten aber später behoben werden. Die dadurch entstandenen Verluste schwächten jedoch die finanziell schon etwas angeschlagene Reederei zusätzlich und führten im Jahr 2000 zum Verkauf der Norasia Liniendienste an die Chilenische Reederei CSAV. Im gleichen Jahr begann auch der Verkauf der Fast Feeder Containerschiffe, die nach zwischenzeitlichen Eigentümern ab 2004 dann sämtlich von MSC angekauft wurden.

3 von den in Jiangnan gebauten Einheiten wurden 2012/2013 in Alang verschrottet, alle anderen sind noch für MSC im Mittelmeer/Schwarzen Meer im Einsatz.

Dass diese Schiffe trotz ihrer Antriebsanlage und des damit verbundenen sehr hohen Verbrauchs, in Zeiten der hohen Brennstoffkosten, die übliche wirtschaftliche Nutzungsdauer von 25 Jahren erreicht haben, ist sicher der Doppelmotorenanlage geschuldet, bei der es möglich ist, einen Motor abzuschalten und nur mit einem, bei geringerer Geschwindigkeit aber weiterhin günstigem Wirkungsgrad, zu fahren. Womit der Verbrauch mindestens halbiert werden kann.

Übrigens: das Unterwasserschiff des Conrad Modells war nur verschraubt und konnte zum Tieferlegen leicht gelöst werden.



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Tee, Geburtshelfer einer Verkehrsrevolution

#139 von Sealord , 21.07.2024 16:58

Liebes Forum,
in Kassel konnte ich das wunderschöne Diorama über das Teerennen zwischen der THERMOPYLAE und der CUTTY SARK, welches Roland Klinger hier aus seiner Seekiste (# 1 vom 24.05.2024) vorgestellt hat, im Original betrachten. Für mich ein Anlass, über eine bedeutende historische Entwicklungen in der Schifffahrt zu schreiben, die mit dem Teehandel unmittelbar zusammenhängt.

Der erste Tee aus China und Japan erreichte England mit den Importen der East India Company in der Mitte des 17. Jahrhunderts, Tee wurde rasch zum Nationalgetränk.

Die Schiffe der East India Company benötigten für eine Rundreise nach China und zurück nahezu 3 Jahre, der Tee war etwa 18 Monate auf der Rückreise unterwegs, bevor er den englischen Markt erreichte. Die lange Reise ging zulasten von Qualität und Aroma.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verlor die East India Company ihr staatlich garantiertes Handelsmonopol und private Unternehmer stiegen in den freien Handel ein. Sogleich entstand eine starke Nachfrage nach einem schnelleren Seetransport, weil der frischere Tee einer Ernte höhere Preise erzielte und gleichzeitig für die Händler der Zeitraum der Zwischenfinanzierung verkürzt wurde.

Die schnellen Klipper, die in den 1850ger und 1860ger Jahren gebaut wurden, waren hierfür die ideale Lösung. Sie benötigten für die Reise von China zur Themse zwischen nur 3 bis 5 Monate. Es wurden regelrechte Rennen ausgetragen, bei denen es darum ging, möglichst den ersten Tee der neuen Ernte nach England zu bringen und damit den höchsten Preis zu erzielen.

Das berühmteste und eines der schnellsten Teerennen fand in der Erntesaison 1866 statt, es wurde als „The great Tea Race“ bezeichnet. Zwischen dem 29. Mai und dem 6. Juni verließen 9 vollbeladene Schiffe den Hafen von Foochow, durchsegelten das Südchinesische Meer, die Sunda-Straße, und den Indischen Ozean um das Kap der Guten Hoffnung herum in den Atlantischen Ozean hinauf zum Ärmelkanal. Die drei schnellsten Klipper waren in der Folge ihrer Ankunft: die TAEPING, die ARIEL und die SERICA. Sie benötigten 99 Tage für die Distanz von 13.960 sm.

Beim Teerennen von 1872 zwischen der THERMOPYLAE und der CUTTY SARK siegte die THERMOPYLAE mit einer Reisezeit von 106 Tagen, die CUTTY SARK erreichte die Themsemündung aufgrund eines Ruderschadens erst 9 Tage später. Dies war das letzte Teerennen.



THERMOPYLAE, 1868 von W. Hood & Co., Aberdeen an Aberdeen Line, Kompositbau (Holz auf Eisenspanten) Vollschiff (64,6m/11,7m/6,8m/991GRT) ca. 1.400tdw
bestes Etmal 348 sm = 14,5kn, Verbleib: 1896 Portugiesisches Schulschiff, 1907 durch absichtliche Versenkung entsorgt.

Die o.g. Klipper wurden alle in den 1860ger Jahren gebaut, zu dieser Zeit verkehrten jedoch bereits fahrplanmäßig mit weitgehend zuverlässigen Abfahrts- und Ankunftszeiten Dampfschiffe auf dem Nordatlantik und im Mittelmeer. Die Nordatlantikpassage z.B. von Southampton nach New York dauerte je nach Leistung von Schiff und Maschine nur noch 9 bis 14 Tage, die Dampfer waren dabei relativ unabhängig von den Windverhältnissen und konnten einen direkteren Kurs nehmen.

Der Einsatz von Dampfschiffen, mit ihren kürzeren Reisezeiten, auch in der Fernostfahrt lag daher nahe. Doch dafür gab es ein bekanntes technisches Hindernis, welches den im Chinahandel tätigen Unternehmer Samuel Rathbone 1864 bei einem Meeting Liverpooler Kaufleute zu folgender Feststellung veranlasste: „Dampfschiffe sind in der Lage, den Seeverkehr im Mittelmeer zu übernehmen, mögen sich noch bis nach Brasilien, zum La Plata vorwagen – aber mindestens China bleibt den Segelschiffen vorbehalten.“

Ein Beispiel für einen damaligen Transatlantikliner ist die 1866 gebaute PÉREIRE:



PÉREIRE, 1866 von Robert Napier & Sons, Glasgow an CGT French Line, Paris, eiserner Dampfer
(105,2m/13,3m/8,8m/3150GRT), 320 Passagiere, ca. 1.350tdw
2 x 1 Zyl. Dampfmaschine ttl. 2.516 BHP, Kesseldruck 23lb, 1xProp., 13,0kn
(ursprünglich mit seitlichen Schaufelrädern bestellt, dann aber Umbestellung auf Propeller)
Verbleib: 1872 Einbau Compoud Maschine, zwei Schornsteine, 1888 Umbau zur 4-Mast Bark LANCING, ein schneller Segler, 1924 in Genua verschrottet.

Zwar liegen für die PÉREIRE selbst keine Daten über den Brennstoffverbrauch vor, doch folgt man Berechnungen für die Maschinenleistung und den Angaben vergleichbarer Schiffe dürfte der Kohleverbrauch in der Nähe von 85 Tonnen pro Tag gelegen haben. Das Schiff konnte abgesehen von den Passagieren etwa 1.350 t Fracht transportieren, bei einem angegebenen Kohlevorrat von ca. 1.200 t.

Das Problem war der enorme Energieverbrauch, er war so hoch, dass der Kohlevorrat (Bunkerbestand) einen großen Teil der Tragfähigkeit der Dampfer beanspruchte. Mit geringeren Vorräten konnte man nur fahren, wenn unterwegs Bunkerstationen angelaufen werden konnten, was an den Europäischen und Nordamerikanischen Küsten kein großes Problem war.

Für eine Reise nach China jedoch, bei der die nächstgelegene Bunkerstation sich am Kap der guten Hoffnung oder auf Mauritius befand, ist ein Kohlevorrat, der nahezu die Hälfte der Transportkapazität einnimmt und dabei einen Radius von z.B. maximal 14 Tage erlaubt, ein großes Hindernis und zudem völlig unwirtschaftlich.

Es brauchte also eine Dampfmaschine, die den Brennstoff effizienter in Vortriebsenergie umwandelt. Die gab es bereits bei der Eisenbahn seit Ende der 1850ger Jahre: die Compound Maschine. Bei dieser arbeitet der Dampf zunächst in einem Hochdruckzylinder und wurde danach nicht in die Atmosphäre oder den Kondensator entlassen, sondern arbeitete vorher noch in einem zweiten nachgeschalteten Zylinder mit niedrigerem Druck. Die Compound Maschinen der Eisenbahn wurden dabei mit viel höherem Kesseldruck (120lb p. sq. inch) betrieben, als die herkömmlichen Dampfmaschinen mit einfacher Expansion.

Im Jahr 1861 stellte P&O mit der 2.257 GRT großen MOOLTAN erstmals ein Schiff mit einer Compound Maschine auf der Route Southampton – Alexandria in Dienst. Der Kessel arbeitete noch mit einem Druck von 20lb, das Schiff erreichte eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 10,6kn und verbrauchte dabei nur noch 28 Tonnen Kohle pro Tag, um etwa die Hälfte niedriger als bei gleich großen Schiffen mit vergleichbarer Leistung. Doch im weiteren Betrieb stellte sich die Unzuverlässigkeit der von Wolf Esq. entworfenen Maschinenanlage heraus. Bei mehreren Ausfällen, musste sogar die Post auf andere Dampfer umgeladen werden. (P&O entschied sich im Jahr 1866 zum Einbau einer komplett neuen Antriebsanlage).

Im Jahr 1864 zog sich der Eisenbahningenieur und Reeder Alfred Holt wegen der damals krisenhaften Marktentwicklung mit seinen Geschäftspartnern zunächst aus der Schifffahrt zurück, behielt jedoch ein Schiff aus der Flotte, die CLEATOR, mit der er auf eigene Rechnung seine technischen Ideen für einen neuen Schiffsantrieb ausprobierte. Neben einer neu konfigurierten Compound Maschine erhielt das Schiff einen Hochdruckboiler, der mit einem Druck von 60lb per sq. inch arbeitete.

Mit dem erfolgreichen Versuchs-Betrieb der CLEATOR überzeugte Alfred Holt das Board of Trade, welches den Betrieb von Dampfschiffen zu genehmigen hatte und dabei den Einsatz von Kesseln mit einem Druck von mehr als 25lb per sq. inch in der Schifffahrt aus Sicherheitsgründen bisher für nicht genehmigungsfähig hielt.

Danach bestellte Holt bei Scott & Co. Greenock drei Neubauten, AGAMEMNON, AJAX und ACHILLES. Die identischen Schiffe und Maschinen waren von ihm, basierend auf den Erfahrungen mit der CLEATOR, selbst konstruiert. Sie wiesen im wesentlichen folgende Merkmale auf:
1) schlanker Eisen-Rumpf mit geradem Steven, in verhältnismäßig gewichtssparender Bauweise
2) kompakte und sehr platzsparend konstruierte Compound Maschine
3) neuartiger Hochdruckkessel mit einem Arbeits-Druck von 60lb/sq. inch




AGAMEMNON 1866 von Scott & Co., Greenock an Ocean Steamship & Co., Livepool, eiserner Dampfer (94,3m/11,8m/6,3m/2.270GRT) ca. 3.000tdw, 1x Compound Dampfmaschine, 945 IHP, Kesseldruck 60lb, 1xProp., 10,0kn, Verbleib: 1899 in Italien verschrottet.

Am 19. April 1866 absolvierte die AGAMEMNON ihre Jungfernfahrt nach Fernost (zur Erinnerung: am 29. Mai 1866 startete in Foochow das „Great Tea Race“ der Klipper zur Themse s.o.). Die Reise war ein durchschlagender Erfolg. Das Schiff verbrauchte bei einer Geschwindigkeit von durchschnittlich 10,0kn nur knapp über 20 t Kohle pro Tag.

Outbound führte die Reise von Liverpool über das Cap der Guten Hoffnung nonstop nach Mauritius (Bunkerstopp) und dann zu den Löschhäfen Penang, Singapore und Hong Kong in 65 Tagen. Die Rückreise nach Liverpool dauerte mit Beladung in Shanghai und Foochow 66 Tage. Das einzige Problem war, dass der Handel noch nicht auf ein Schiff dieser Größe eingestellt war und einige Quellen berichten, dass neben Tee auch andere Güter geladen wurden und Hankou als zusätzlicher Ladehafen angelaufen werden musste, um das Schiff für die Rückreise ausreichend auszulasten.

Die AGAMEMNON beendete ihre Rückreise in Liverpool Ende August 1866, die schnellsten drei Teeklipper des „Great Tea Race“ erreichten England erst eine Woche später!

Damit gehörte die Zukunft im Seehandel bis auf weiteres dem Dampfschiff.

Im Jahr 1869 wurde die AGAMEMNON in Hankou mit 1.141 t Tee beladen, es war die bis dahin größte Teeladung, die jemals mit einem einzelnen Schiff transportiert wurde (sie war damit zu etwa 85% ausgelastet). Die Fracht betrug 28.087 Pfund Sterling (der Bau des Schiffes hatte 52.000 PST gekostet).

Zum Vergl. die größte gefahrene Teeladung der THERMOPYLAE betrug bei voller Raumauslastung 648 t.

Im November 1869 eröffnete der Suezkanal, die Reisezeit der Dampfer von/nach China verkürzte sich dadurch in jede Richtung um etwa 12 Tage (mit möglichem Bunkerstopp in Aden).

Im Jahr 1875 verzeichnete Lloyds Register erstmals mehr Dampfschiffsneubauten als Neubauten von Segelschiffen, später wurde das Prinzip der Compound Maschine mit zweifacher Expansion zur Dreifach- und Vierfach- Expansionsdampfmaschine weiterentwickelt.




THERMOPYLAE (GEM913002), PÉREIRE (SM23), AGAMEMNON (SM30)

Geschichte in unseren Vitrinen!
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Open-Hatch Bulkcarrier

#140 von Sealord , 11.09.2024 11:33

Open-Hatch Bulkcarrier 1. Teil:

Am 22.08.2022 hatte ich unter #119 hier einen Beitrag zum Schifftyp Conbulker mit Modellen in unserem Maßstab verfasst. Ein weiterer Typ Bulkcarrier ist der Open-Hatch Bulkcarrier, er ist von seiner Bauart eng mit dem Conbulker verwand, verfügt über eine Doppelhülle und wie der Conbulker über Lukenöffnungen, die sich jeweils über die gesamte Breite und Länge eines Laderaumes erstrecken.
Zur Erinnerung: links der Querschnitt eines konventionellen Bulkers selbsttrimmend mit Hopper- und Wingtanks, rechts Conbulker und Open-Hatch Bulker mit Doppelhülle:



Der Unterschied ist jedoch, dass beim einfachen Open-Hatch Bulkcarrier der Transport von Containern meist erst gar nicht vorgesehen ist, oder wenn ja, dann nur nachrangig in begrenztem Umfang. Weitere Unterschiede zum Conbulker sind in der Regel:

1. Die Laderaumabmessungen richten sich nicht unbedingt an einer bestimmten Anzahl von 40 Fuß Containern hintereinander, nebeneinander und übereinander aus, sondern sind für die Abmessungen anderer Güter optimiert.
2. Das Deckshaus hat die Höhe von normalen Bulkcarriern, denn der Transport von mehreren Lagen Container an Deck, wie beim Conbulker spielt keine Rolle.
3. Für die Höhe der Kranfundamente gilt das gleiche.
4. Anstelle von Pontonlukendeckel kommen in der Regel die schneller zu bedienenden Faltlukendeckel oder andere Systeme mit weniger Tragkraft zum Einsatz.
5. Die Geschwindigkeit liegt nur bei einigen der Schiffe ca. 1 – 2kn über der gewöhnlicher Bulkcarrier (14,0kn)

Um Missverständnissen vorzubeugen, „Open-Hatch“ bedeutet hier nicht wie bei Lukendeckellosen Containerschiffen, dass der Laderaum offen gefahren wird, sondern dass der Laderaum zum Laden und Löschen auf seine gesamte Breite und auch Länge geöffnet werden kann und daher ohne Unterstau ist.

Bulkcarrier transportieren die wichtigsten Massengüter (Major Bulk) Eisenerz, Kohle und Getreide sowie die weniger häufig vorkommenden Massengüter (Minor Bulk) wie z.B. Phosphate, Bauxit, Zement, Urea, Pottasche, Kupfer- und Nickelerz etc. etc.

Daneben fahren alle Massengutfrachter auch massenhaftes Stückgut (Neobulk) wie Forstprodukte, Stahlprodukte und alle Arten von gesackten oder palettierten Gütern sowie die Vorprodukte für die Papierindustrie.

Open-Hatch Bulkcarrier sind besonders für den Transport der letztgenannten Güter (Neobulk) optimiert. Die komplett zu öffnenden Laderäume ohne Unterstau ermöglichen hierbei einen schnellen Ladungsumschlag.

Die ersten Schiffe dieses neuen Typs wurden in den 1960ger Jahren für schwedische Rechnung gebaut und dienten hauptsächlich dem Transport von Forstprodukten und den Vorprodukten der Papierindustrie wie z.B. Zellstoff.

Es waren die 1962 abgelieferten Motorschiffe RONDEGGEN und BESSEGGEN, sie hatten eine Tragfähigkeit von jeweils 9.200 tdw., ein Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen der Reederei Oestberg, der Crown Zellerbach Co. und des Krahnherstellers Munck Group in Bergen. Crown Zellerbach Co. war eines der führenden Zellstoff- und Papierunternehmen mit Sitz in San Francisco.

Zusammen mit dem komplett zu öffnenden Laderaum und den beiden Gantrykänen, die die Ladung gemäß Stauplan direkt an der vorgesehenen Stelle absetzen bzw. aufnehmen konnten, wurden bedeutende Zeit- und Kostenersparnisse beim Ladungsumschlag erzielt.

Ein Open-Hatch Bulkcarrier, mit sehr ähnlichem Aussehen wie die beiden ersten Schiffe diesen Typs, jedoch größer, ist die MUNKSUND:



MUNKSUND, 1968 von Lindholmens Varv A/B, Gothenburg an SCA Transport A/B, Sundsvall, 153,4m/20,3m/8,4m, 12.497tdw,
5 Laderäume/5 Luken, 2x Gentrykräne 20t, 16,5kn, Schwesterschiffe HOLMSUND u. TUNDAL, verschrottet 2001,
(Modell Carlo Marquard CM-KR104)

Die MUNKSUND und ihre Schwestern fuhren über 20 Jahre Forstprodukte (Zellulose und Paketholz) von Schweden nach Tilbury. Auf einigen wenigen Fotos sind die Schiffe mit einer kleinen Anzahl von Containern an Deck zu sehen, in der technischen Beschreibung wird jedoch keine Containerkapazität genannt. Unter ihren späteren Eignern transportierten die Schiffe neben Neobulk auch Schüttgüter u.a. Getreide.

Das nächste Schiff ist der Typ 50/15, ein von 1973 bis 1977 in 11 Einheiten gebauter „Offener“ Massengutfrachter der Flensburger-Schiffbaugesellschaft. Bei diesem Schiff ist die Abgrenzung zum Conbulker schon etwas undeutlich:



MEISTERSINGER, 1973 von Flensburger Schiffbau-Gesellschaft an Cosima-Poseidon Schiffahrts GmbH, Hamburg, 209,4m/28,0m/17,3m, 50.500tdw,
7 Laderäume/9 Luken, 1.242 TEU, 15,0kn,
7 Schwesterschiffe (plus 4 Halb-Schwester), verschrottet 1997, (Modell Classic Ship CSC92)

Die Luken wurden nicht durch Pontondeckel verschlossen, sondern durch ein Lift-and-Roll System. Sie hatten jedoch Containerabmessungen, insgesamt konnten die Schiffe (ohne Ladegeschirr) 1.242 TEU aufnehmen (bei 50.000tdw, z. Vergl. die ab 1978 gebaute Conbulkerserie OBC25 von HDW hatte eine Containerkapazität von 1.140 TEU und war mit der Hälfte der Tragfähigkeit wesentlich kleiner). Das Deckshaus der MEISTERSINGER hat eine Höhe, wie sie bei Bulkcarriern üblich ist und so fanden an Deck nur 2 Lagen Container Platz. Dennoch fuhr eines der Schwesterschiffe, die WIEN, von 1982 bis 1983 bei HAPAG-Lloyd als Containerschiff in Zeitcharter.

Von den gebauten Einheiten waren 7 Schwesterschiffe ohne Kräne, 4 weitere Schiffe unterschieden sich neben etwas veränderten Abmessungen dadurch, dass sie statt 9 Luken nur 6 , jedoch größere Luken hatten und mit 6x 20t Liebherr Turmdrehkränen ausgestattet waren.

Ein ebenfalls in den 1970ger Jahren gebauter Open-Hatch Bulker:



MARGIT GORTHON, 1977 von Korea Shipbuilders & Engineering, Busan an Gorthons Rederi AB, Helsingborg, 141,3m/22,4m/8,7m, 14.296tdw, 4 Laderäume/4 Luken, 2x Gantrykräne 30t, 15,5kn, Schwesterschiffe INGRID GORTHON u. ALIDA GORTHON , verschrottet 2012, (Modell Sextant SX80)

Die MARGIT GORTHON und ihre beiden Schwestern transportierten Forstprodukte, Zellstoff und Paperreels auf der Nordatlantikroute zwischen Europa, USA und Kanada. 1990 wurden die Schiffe zu Zwischendeckern mit Seitenladeeinrichtung umgebaut und danach ausschließlich in der Papierfahrt eingesetzt.

Ende des 1. Teils von 2 Teilen.


 
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RE: Open-Hatch Bulkcarrier

#141 von Sealord , 11.09.2024 11:50

2. Teil von 2 Teilen Open-Hatch Bulkcarrier

Ein Schiff gleicher Konzeption wie die oben vorgestellte MARGIT GORTHON ist die 1983 gebaute THORSEGGEN:



THORSEGGEN, 1983 von Swan Hunter, Wallsend an Investors Industry PLC u. Norsk Pacific Steamship Co., Californien,
165,6m/25,0m/12,45m, 18.567tdw, 6 Laderäume/6 Luken, 2x Gantrykräne 25t, 15,0 kn, verschrottet 2012,
(Modell Ostrowski OS-N1)

Die THORSEGGEN wurde in der Forstprodukten- und Papierfahrt an der Westküste Nord Amerikas eingesetzt. Sie verkehrte regelmäßig zwischen British Columbia und dem Raum San Francisco/Los Angeles.

Auch im damaligen Ostblock baute man Open-Hatch Bulkcarrier:



RIESA (2), 1986 von VEB Mathias-Thesen-Werft, Wismar an DSR Rostock, 176,6m/22,8m/10,1m, 24.126tdw,
5 Laderäume/ 5 x 2 Luken, 802TEU, 4x Turmdrehkräne 25t, 16,0kn, Schwesterschiffe HENNINGSDORF (2), BRANDENBURG (2),
verschrottet 2013, (Modell Recknitzmodell REMO 81)

Das Schiff war eine Weiterentwicklung des kleineren OBC-I, der zuvor ab 1972 in verschiedenen Varianten (bis OBC-IV) gebaut wurde. Mit Doppelluken
ausgestattet war der Entwurf für die 1980ger Jahre schon etwas sehr aus der Zeit gefallen diese ließen sich auch nicht über die komplette Länge der Laderäume öffnen, ein wenig Unterstau blieb. Darüber hinaus hatte das Schiff durch die Doppelluken einen Mittelängsträger, bzw. Mittellängsschott, welches zwar in der Getreidefahrt sehr nützlich (es verhinderte das Überkommen der Ladung), doch bei Befrachtern von Neobulk sehr unbeliebt war. Bei bestimmten Partiegrößen blieb auf beiden Seiten immer ein Rest Raum übrig, der nicht gefüllt werden konnte. Außerdem war das Mittellängsschott beim Ladungsumschlag im Weg.

Die Containerkapazität mit 802 TEU war im Verhältnis für den Typ Conbulker relativ gering (z. Vergl. sei wieder auf den etwa gleich großen OBC25 mit 1.140 TEU hingewiesen), daher wurde das Modell hier bei den gewöhnlichen Open-Hatch Bulkcarriern einsortiert.

Trotzdem ein schönes Schiff und vor allem: ein sehr schönes Modell.

Ende der 1990ger Jahre strebte China als Schiffbaunation entschlossen auf die internationalen Märkte. Auch Open-Hatch Bulkcarrier waren im Angebot und die Reederei Oldendorff bestellte 4 Schiffe:



MATHILDE OLDENDORFF, 1999 von Wuhu Shipyard, Wuhu China an Egon Oldendorff, Lübeck, 149,0m/23,1m/13,5m, 20.142tdw,
4 Laderäume/ 4 Luken, (900TEU?), 3x Turmdrehkräne 30t, 14,0kn Schwesterschiffe ELISE OLDENDORFF, GISELA OLDENDORFF,
ANTONIE OLDENDORFF, verschrottet 2015, (Modell Conrad CO-S 10490)

Von der Werft wurden die Schiffe mit einer Containerkapazität optional von bis zu 900 TEU beschrieben, was für die Größe nicht schlecht ist und die Klassifizierung als Conbulker rechtfertigen würde. Doch schaut man in die technischen Details in den fachlichen Registern an, z.B. Clarksons, sind sie dort alle als Open-Hatch ohne Containerkapazität gelistet. Auch andere Merkmale (s.o.) sprechen eher gegen einen Conbulker. Die Schiffe fuhren bei der Reederei Egon Oldendorff u.a. Stahlprodukte, Holz und Getreide, später wurden Einheiten an die Kent Line verchartert, ein Unternehmen welches sich u.a. mit der Distribution von Forstprodukten beschäftigt.

Bei den nächsten Frachtern handelt es sich um die modernen Standard-Größenklassen Handysize (30.000 – 37.000 tdw) und
Supramax Bulkcarrier (50.000 – 57.000 tdw):



ALBERT OLDENDORFF, 2004 von Saiki HI, Japan an Oldendorff Carriers, Lübeck, 171,6m/27,0m/10,50m, 32.200tdw,
5 Laderäume/5 Luken, 4x Turmdrehkräne 30t, 14,5kn, Serie von ca. 20 Schwesterschiffen, noch in Fahrt, (Modell Bille Bi 171)

Das Schiff ist ein erfolgreicher Open-Hatch Serientyp der Saiki Heavy Ind. und wurde über 20 mal (mit geringen Abweichungen) gebaut. Allein für Oldendorff 10 mal. Eingesetzt werden die Schiffe weltweit in Bulk- und Neobulk- Trades.

Die beiden Reedereien Gearbulk Ltd., Weybridge und Grieg Shipping A/S, Oslo sind die beiden größten Operator im Neobulk-Markt mit Open-Hatch Bulkcarrier in einem Größensegment zwischen 40.000 und 54.000 tdw. Einige dieser Schiffe sind mit Gantrykränen ausgestattet. Das folgende Schiff gehört in die Klasse der Supramax.



LARCH ARROW, 2006 von PT Pal Indonesia an Manfred Lauterjung, Emden, 189,9m/30,5m/12,8m, 50.223tdw,
5 Laderäume/5 Luken, 4x Turmdrehkräne 35t, 14,5kn, Schwesterschiff BIRCH ARROW, noch in Fahrt,
(Modell Conrad-Hansa CO-S IC624)

Das Schiff fuhr nach Werftablieferung zusammen mit seiner Schwester BIRCH ARROW in Zeitcharter bei Gearbulk, deren Farben das Modell trägt. Im Sammelhafen ist das Schiff allerdings unter seinem ursprünglich vorgesehenen Namen STADT SOLINGEN verzeichnet.

So, das war es, eine kleine Zeitreise durch einen speziellen Bulk-Markt.



Was mich an unserem Maßstab immer wieder begeistert ist, dass man tatsächlich für einen bestimmten Schifftyp für jede Dekade, in der ein solches Schiff gebaut wurde, einen oder mehrere Vertreter findet. Erst mit den Baujahren ab 2010 ist es für die meisten Schiffstypen leider nicht mehr möglich.

Grüße aus Bremen und allen einen schönen Rest-Sommer!


 
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