Lieber Herbert,
Ich verstehe Deine Überlegung und stimme Dir zu, wenn Du sagst, dass ein Hersteller ein Modell sehr gut überprüft haben sollte, bevor es in die Serienfertigung geht. Dennoch finde ich es gut, wenn Kunden und Sammler Modelle, die sie kaufen auch kritisch betrachten und dann entsprechende Rezensionen für andere Interessierte verfassen.
Dazu folgende Überlegungen:
Die Anfertigung von Vorserienmodellen ist zweifellos ein wichtiger Aspekt jedes Fertigungsprozesses. Die von Dir genannte Zahl von 4 Protoypen sollte dabei keine Seltenheit sein - oft ist es notwendig, verschiedene Varianten, Bemalungen, Detaillierungsgrade und damit Arbeitsaufwände miteinander zu vergleichen. Auch ich habe Prototypen des von Dir genannten Herstellers und kann sagen, dass sie ganz gewaltig vom Serienmodell abweichen. Für meine zuletzt fertig gestellte Silver Cloud gab es übrigens 6 verschiedene Vorserienmodelle.
Es stimmt, dass ein Modell zum Zeitpunkt des Verkaufes in allen Puntken überprüft und stimmig sein sollte. Die Praxis zeigt allerdings, dass dies keineswegs der Fall ist. Von falschen Rumpffarben über falsche Proportionen und - mein Lieblingsthema und häufigster Fehler - falsche Rumpflinien passiert eigentlich alles einmal. Manchmal, weil wohl keine Pläne vorlagen, nicht genug Mühe und arbeit investiert wurde, oder einfach in der Umsetzung Fehler gemacht wurden. Dies übrigens auch im Hoch-und Höchstpreisigen Segment, wo Überdetaillierung von den Linen des Schiffes ablenkt. Vielen Sammlern fällt dies nicht auf, oder es ist ihnen egal. Jene mit einem guten Auge oder dem nötigen Wissen sollten dieses aber teilen, finde ich.
Eine Rezension nach dem Erscheinen des Modells bringt nichts?
Ich finde schon.
Es macht sowohl den Hersteller als auch die Kunden auf etwaige Fehler aufmerksam, denn keiner baut wohl absichtlich etwas falsches, möchte ich hier mal vermuten... und ich glaube auch nicht, dass jeder Sammler sein Wunsch- schiff immer kaufen würde, ungeachtet der Qualität. Da ich nicht nur Hersteller, sondern auch Sammler bin, kann ich dies mit absoluter Sicherheit sagen.
Und auch Deinem letzten Punkt möchte ich widersprechen: Keinem Hersteller wird eine negative Rezension egal sein, wenn er auf lange Sicht erfolg haben will. Sie gibt ihm vielmehr die Möglichkeit, angesprochene Kritikpunkte zu überarbeiten und in der nächsten Auflage entsprechend umzusetzen. (Mein Dank hier an Michael, der mich ein einer von ihm verfassten Rezension auf einen Irrtum beim Anbringen der Decals aufmerksam gemacht hat!) Vielmehr verfolgt jeder Hersteller eine unterschiedliche Strategie und spricht eine unterschiedliche Zielgruppe an.
Das eine Modell ist billig, das andere höchst detailliert und das dritte umso besser bemalt. Verschiedene Qualitäten, verschiedene Preise. Solange eine Kritk also fair und an das entsprechend zu erwartende Niveau angepasst ist, finde ich sie hilfreich - sowohl für Sammler, als auch für Hersteller.