Das Thema lässt mich immer noch nicht los und ich suche mich weiter durch alle möglichen Bücher, aber nach wie vor gibt es keinen Beweis für die Vermutung, dass der Name BONIN sich auf Eduard von Bonin bezog (obwohl das so dermaßen wahrscheinlich ist, dass man es wohl als sicher annehmen darf; aber wie gesagt, einen echten, handfesten und knallharten Beweis habe ich weiterhin nicht gefunden). Warum ich trotzdem nochmal hier etwas schreibe: Offenbar ist die oben von mir selbst nach Wikipedia verfasste Schiffsliste der schleswig-holsteinischen Marine unvollständig! In "Die schleswig-Holsteinische Marine 1848-1852" von Gerd Stolz (2. verbesserte Auflage, 1987) werden zwar die gleichen Schiffe genannt wie auf Wikipedia, aber einige der Kanonenboote, die bei Wikipedia nur Nummern haben, tragen hier auch Namen. Im Gröner stehen sie so wie auf Wikipedia, also ist Gröner wohl die Grundlage für Wikipedia. Woher Stolz die anderen Namen hat, weiß ich (noch) nicht, aber gerade weil das bei Wiki derzeit noch fehlt, dachte ich, ich schreibe die vollständige Liste nach Stolz mal hier rein (es gibt auch ein paar andere Unterschiede):
A: größere Fahrzeuge (trotzdem alles maximal Kanonenboots-Größe):
übernommene, erbeutete oder gekaufte Fahrzeuge
BONIN (größtes Schiff), ex CHRISTIAN VIII (Postdampfer), ex brit. VULCAN, 1833 in Glasgow gebaut, 4 Kanonen => benannt nach einer Person (?)
ELBE ex dän. ELBEN (Zollschoner in Altona), 1831 in Nyholm / Kopenhagen gebaut, 6 (vorher 8) leichte Kanonen => hat alten Namen behalten, benannt nach einem Fluss
KIEL ex brit.? (1824 in England gekauft, laut Gröner eine Art Jacht, Regierungseigentum), 4 leichte Kanonen => hat alten Namen behalten, benannt nach einem Ort
LÖWE ex LÖVEN (mit dän. "ö"), ziviler Schleppdampfer (ich hab irgendwo anders mal gelesen, er wäre von 1842 gewesen...), 3 leichte Kanonen => hat alten Namen behalten, benannt nach einem Tier
Neubauten (alle bewaffnet mit 2 Kanonen & 2 Drehbassen)
Nr. 1 VON DER TANN, 1850 fertig, in Kiel gebaut (Werft Hilbert), Schraubendampfer => benannt nach einer Person
Nr. 2 ELMSHORN, 1849 fertig, in Elmshorn gebaut (Werft Kremer), Ruderboot mit Deck => benannt nach dem Ort, wo sie gebaut wurde
Nr. 3 WENDELSTEIN, 1848 fertig, in Kiel gebaut (Werft ?), Ruderboot ohne Deck, aus mecklenburgischen Spenden gebaut => benannt nach??? Der Wendelstein ist ein Berg in den bay. Alpen... Es gibt wohl auch einen Ort Wendelstein in Thürningen, wenn ich das richtig sehe... naheliegender ist aber wohl die sogenannte "Wendelsteiner" Linie des Adelshauses Witzleben, das - möglicherweise - einen Offizier in jenem Krieg 1848-52 für SH stellte. Noch was, was ich nachforschen muss - statt Antworten findet man bloß noch mehr Fragen... => hat bei Gröner keinen Namen
Nr. 4 SANCT PAULI, 1849 fertig, in Tönning gebaut (Werft ?), Ruderboot mit Deck => benannt nach einem Ort (obwohl es in der Bundesflotte auch ein Ruderkanonenboot ST. PAULI gab, das so hieß, weil es mit Spenden aus St. Pauli gebaut wurde - war aber wohl nicht identisch! Warum SH eines seiner Boote ebenfalls nach St. Pauli benannte, ist unklar, aber sie hatten viele Freiwillige aus Hamburg damals... Vielleicht wurde es aber auch aus Spenden aus St. Pauli bezahlt? => heißt bei Gröner TÖNNING
Nr. 5 FRAUENGABE, 1848 fertig, in Eckernförde gebaut (Werft ?), Ruderboot mit Deck => benannt offenbar nach den Spender(innen) => heißt bei Gröner ECKERNFÖRDE
Nr. 6 (kein Name), 1848 fertig, in Kiel gebaut (Werft ?), Ruderboot ohne Deck
Nr. 7 GLÜCKSTADT 1849 fertig, in Glückstadt gebaut (Werft ?), Ruderboot mit Deck => benannt nach dem Ort, wo sie gebaut wurde
Nr. 8 NÜBBEL, 1849 fertig, in Nübbel gebaut (Werft Jäger), Ruderboot mit Deck => benannt nach dem Ort, wo sie gebaut wurde - dieses Boot sank am 9.11.1850, wurde später an die Küste gespühlt und geborgen => hat bei Gröner kein Deck
Nr. 9 (kein Name), 1848 fertig, in Kiel gebaut (Werft ?), Ruderboot ohne Deck
Nr. 10 ARNIS, 1849 fertig, Ruderboot mit Deck => benannt nach dem Ort, wo sie gebaut wurde
Nr. 11 FRAUENVEREIN, 1849 fertig, in Nübbel gebaut (Werft Jäger), Ruderboot mit Deck => benannt offenbar nach den Spender(innen) => hat bei Gröner kein Deck
Nr. 12 (kein Name), 1848 fertig, in Kiel gebaut (Werft ?), Ruderboot ohne Deck
B: kleinere und Hilfsfahrzeuge
TUMMLER, Segelkutter, 1849 übernommen als Schulschiff (irgendwo anders habe ich gelesen, das wäre ein gezielter Neubau für die Marineakademie gewesen), unbewaffnet => benannt nach einem Tier
EIDER, Schleppdampfer (und wohl auch Zollboot), 1842 in London gebaut "und übernommen" (ehem. Name? oder Name beibehalten?), 2 Kanonen => benannt nach einem Fluss
RENDSBURG, Schleppdampfer, 1845 in Magdeburg gebaut "und übernommen" (ehem. Name? oder Name beibehalten?), 2 Drehbassen => benannt nach einem Ort (auch Schauplatz des ersten erfolgreichen "Gefechts" im Krieg)
BRANDTAUCHER, Tauchboot, 1850 fertig, in Rendsburg und Kiel gebaut (versch. Werften) => Funktionsname
außerdem gab es noch 6 ganz kleine Boote in der Größenordnung von Bei- oder Rettungsbooten (alle ohne Namen)
Wesentliche Unterschiede zwischen Stolz & Gröner:
Bei Gröner hatten die in Kiel und Nübbel gebauten Kanonenboote allesamt kein Deck und die in Kiel gebauten auch keine Namen. Die Boote mit Deck waren laut Gröner immer nach ihrem Bauort benannt. Von den 2 Booten ohne Deck, die Namen hatten und die beide von der gleichen Werft stammten, hieß eines nach dem Bauort und das andere nach den Spendern.
Bei Stolz hatten nur die in Kiel gebauten Boote kein Deck, und eines von ihnen hatte doch einen Namen (nach den Spendern). Alle Boote mit Deck (was ja hier 2 mehr sind) hatten ebenfalls Namen, aber 4 waren nicht nach ihrem Bauort benannt (2 nach ihren Spendern, die anderen beiden vielleicht auch?)
Beide Autoren könnten Recht haben, denn bei beiden sieht man ein klares Muster in der Namensgebung (Boote, die aus Spenden bezahlt wurden, werden nach den Spendern benannt, ansonsten werden die mit Deck nach dem Bauort und die ohne Deck (aus Kiel) gar nicht benannt). Die Frage ist nur, welche Boote aus Spenden bezahlt wurden und ob die Boote aus Nübbel nun ein Deck hatten oder nicht.