Die BRONENOSEC-Klasse
Die frühe russische Marine hat sich mit dem Bau ganzer Schiffsklassen sehr schwer getan. Zumeist waren weder die erforderliche Werftkapazitäten noch die finanziellen Mittel vorhanden. Der Bau der BRONENOSEC-Klasse 1864/65 (gelegentlich auch als URAGAN-Klasse bezeichnet, weil das zweite Schiff der Serie vor dem ersten fertig wurde) muss deshalb besonders hervorgehoben werden.
Angekaufte Unterlagen der USS PASSAIC dienten als Grundlage für die nach russischen Bedürfnissen modifizierten Pläne. Es entstanden in den Baujahren 1864/65 in kurzer Zeit 10 Monitore zum Schutz von Kronstadt / St. Petersburg. Alle Boote wurden mehrfach umgebaut und erst ca. 1900 außer Dienst gestellt, um dann als Lager pp. verwendet zu werden. Der Rumpf der STRELETS schwimmt wohl noch immer. Es gab Pläne, daraus wieder einen Monitor als Museumsschiff zu bauen.
Da das Vorbild eigentlich klare Linien besitzt, unternahmen verschiedene Hersteller Versuche Schiffe dieser Klassein 1/1250 ins Modell umzusetzen. Dies geschah unter den unterschiedlichen Schiffsnamen dieser Klasse.
Leider gibt es bis heute kein wirklich überzeugendes Modell. Das liegt wohl im Wesentlichen daran, dass es bisher keine verlässlichen Pläne gibt. Vorhandene Pläne (besser: schematische Darstellungen) stimmen aber mit den Fotos der Schiffe nicht überein. Bei allen Modellen falsch ist die zu geringe Schornsteinlänge, die Fotos zeigen erheblich längere Kamine. Die genaue Position des Schornsteins und der Aufbauten sind nicht gesichert.
Für einen frühen Vertreter der Klasse habe ich eine USS PASSAIC von Brown-Water-Navy benutzt. Alles hinter dem Turm wurde heruntergeschliffen. Diverse Teile wurden nach Fotos neu aufgebaut (der Schornstein steht senkrecht, offenbar wurde er durch die extreme Nahaufnahme hier verzerrt dargestellt):
Bereits die Amerikaner hatten Probleme damit die nahezu identischen Monitore der Passaic-Klasse auseinanderzuhalten und kennzeichneten deshalb Türme und Schornsteine in wechselnden Farbtönen (im wesentlichen weiß, grau und schwarz, mit einigen grünen oder roten Schornsteinbereichen) . In Russland regelte ein Befehl vom 4. Mai 1865, dass die Schornsteine „auffälliger zu bemalen“ seien. Die Schiffe sollen folgende Schornsteinmarkierungen getragen haben (Quelle: Russischer Zeitschriftenartikel) :
BRONENOSEC…….vollständig GELB
URAGAN………….. vollständig WEISS
TIFON...…………...oberes Viertel WEISS, darunter dünne SCHWARZ / WEISSE Vertikalstreifen
STRELOC…………..oberes Viertel SCHWARZ, darunter WEISS
EDINOROG………...oberes Viertel WEISS, darunter SCHWARZ
LATNIK…………….. oberes Viertel GELB, darunter dünne GELB / WEISSE Vertikalstreifen
LAVA……………….. oberes Viertel SCHWARZ, darunter dünne SCHWARZ / WEISSE Vertikalstreifen
PERUN…………….. vollständig schwarz
VESCUN………….…oberes Viertel GELB, darunter SCHWARZ
KOLDUN…..……… oberes Viertel SCHWARZ, darunter GELB
Zusätzlich sollte jedes Schiff durch so etwas wie einen Wimpel oder eine „markante Schaufel“ gekennzeichnet werden (= Google-Übersetzung; vielleicht eine Blechplatte ?), deren Größe leider unbekannt ist. Ich kenne leider kein Foto, auf dem diese zusätzliche, wimpelförmige Markierung zu erkennen wäre.
Leider musste ich feststellen, dass die Namensangaben zu Fotos dieser Schiffe oft nicht mit den sichtbaren Schornsteinmarkierungen übereinstimmen, oder aber die Namenszuordnungen zu den farbigen Schornsteinen sind nicht korrekt! Da ist in den vergangenen 150 Jahren einiges durcheinander gekommen…
Besonders der schwarz-weiß gestreifte Schornstein der TIFON faszinierte mich und ich beschloss dieses Schiff zu bauen. Nach etlichen Versuchen diese Streifen sauber auf den Schornstein zu malen habe ich aufgegeben und ein Decal bei Stefan Karpinski in Auftrag gegeben …
Zur Bemalung der Schiffe kann man auch auf zwei im www vorhandene, zeitgenössische Aquarelle russischer Maler zurückgreifen, die die frühe BRONENOSEC-Klasse in grau mit farbigen Schornsteinen zeigen und die mit großer maritimer Genauigkeit gezeichnet wurden.
Der helle Kranz um den oberen Turmbereich stellt die aus aufgerollten Hängematten bestehende provisorische „Brustwehr“ dar.
Mein fertiges Modell der TIFON sieht so aus:
Mein zweites Modell dieser Klasse sollte einen der ca. 1878 umgebauten Monitore darstellen. Zu dieser Zeit wurden die sehr hohen und zierlichen Aufbauten hinter dem Turm errichtet, die Decks gepanzert und die Türme umgebaut. Ich benutzte hierfür das Modell der BRONENOSEC-Klasse von Brown-Water-Navy.
Bei den umgebauten Monitoren gibt es Typen mit unterschiedlich angeordneten Beibooten, teils mit den frühen typisch russischen „Stangen-Davits“, teils mit normalen Davits.
Am Modell mussten im Wesentlichen die Beiboote, sowie der obere Schornstein entfernt werden, das ging extrem leicht. Dann begann der Neuaufbau mit insges. 38 Einzelteilen:
Allein auf dem Geschützturm mussten 13 Löcher gebohrt werde: für die Stützen des Segeltuchdachs, einen Lüfter, 3 Schnellfeuergeschütze und den Mast. Fast alles wird dann durch die Segeltuchhaube über dem Turm wieder verdeckt.
Die extrem hohe und exponierte Stellung eines Schnellfeuergeschützes hinter dem Schornstein entspricht dem Vorbild. Meine 47 mm lange VESCHUN sieht so aus:
Weitergehende Infos sind in der deutschen Wikipedia unter „Bronenossez“ (Schreibweise beachten!) zu finden.
SMERCH
Auch dieses (Einzel-)Schiff wurde im Rahmen des Flottengründungsprogramms 1864 verwirklicht. Die Idee stammte von dem englischen Ingenieur K. Mitchell, der es in Russland auf seiner Werft baute. Das Schiff stellte eine Weiterentwicklung der USS PASSAIC bzw. BRONENOSEC-Klasse mit zwei Coles-Drehtürmen dar. Das im damals russischen Helsingfors stationierte Schiff lief aufgrund eines Ruderversagens bereits wenige Monate nach Indienststellung vor dem Hafen auf Felsen und sank komplett. Die SMERCH wurde noch im selben Jahr wieder gehoben und versah nach Wiederherstellung bis 1904 aktiven Dienst, danach wurde sie als Hulk und Depotschiff verwendet; erst 1939 wurde die sie endgültig aus der Flottenliste gestrichen.
Das Modell ist eines der Einfacheren, trotzdem macht es Spaß; man muss nur wenig verändern. So habe ich die erhöhte Bugspitze entfernt, da ich sie nur auf wenigen Fotos finden konnte. Weiter wurden vier Ankerkräne, sowie drei Masten ohne Rahen ergänzt. Die Beiboote sind der Schwachpunkt, es ist aber nur so wenig Platz vorhanden, dass ein Austausch von mir nicht ernsthaft erwogen wurde.
Die Davits für die z.T. sehr hoch angebrachten Beiboote bestehen nur aus senkrechten und klappbaren Masten mit Flaschenzügen, sie sind am Modelle also korrekt wiedergegeben. Ich habe sie nicht ersetzt.
Das fertige Modell sieht so aus:
Weitere Infos gibt es in der deutschen Wikipedia unter „Smertsch (1864)“ (wieder Schreibweise beachten!).
Meine drei Beiträge wurden dadurch möglich, dass Brown-Water-Navy diese Monitore (und andere frühe, zum Teil sehr exotische Schiffe) seit einiger Zeit über Shapeways anbietet. Dabei überrascht die Vollständigkeit mit der hier eine ganze Schiffsepoche abgearbeitet wird.
Die 3D-Modelle passen mit einigen zusätzlichen Details und Bemalung hervorragend zu den Modellen anderer Hersteller.
Die Serie zum Thema endet hier; ich hoffe, dass sie dem Einen oder Anderen etwas Interessantes bieten konnte und vielleicht als Anregung für eigenes Basteln dient.