Frühe Russische Panzerschiffe der Baltischen Flotte I: IMPERATOR PETR VELIKIY

#1 von Claudius , 01.02.2020 15:44

Frühe Russische Panzerschiffe der Baltischen Flotte I: IMPERATOR PETR VELIKIY

Von Brown-Water-Navy Miniatures werden über Shapeways seit einiger Zeit Kriegsschiffe aus der Frühzeit des Dampfbetriebes angeboten und die Serie ist wird regelmäßig ausgebaut. Viele Modelle wurden von Proflutz bereits erwähnt und vorgestellt.
Ich mag „alte Russen“, deshalb habe ich mir einen Teil der erhältlichen Schiffe zugelegt. Viele sind vor Jahren bereits bei Hai erschienen, aber nur noch selten zu bekommen.
Zu den Modellen muss gesagt werden, dass sie die Originale trotz einiger Vereinfachungen meist recht gut wiedergeben. Deutliche Abstriche sind bei den Details (z.B. bei den Beibooten) erkennbar. Als Shapeways-Material habe ich die teurere Variante „Smoothest Fine Detail Plastic“ als Druckmaterial gewählt, das Ergebnis überzeugt mich. Das Material ist leicht zu bearbeiten. Ich habe lediglich ein wenig Plastik-Sheet, Draht in verschiedenen Stärken und Rettungsboote von MOM (Masters of Military über Shapeways) benötigt. Die sind im Set „Rowing Boats 1/1250“ zu bekommen. Und das Bastelergebnis sind Modelle, die nicht in jeder Vitrine stehen.
Zur Schreibweise russischer Schiffsnamen sei noch kurz angemerkt, dass die Transliteration aus dem kyrillischen unterschiedlich gehandhabt wird. Kurzform: Je nach dem wann eine Übersetzung erfolgte, und je nach dem in welche Sprache übersetzt wurde, können unterschiedliche Schreibweisen für Schiffsnamen entstehen. Das behindert die Suche im Internet und in Büchern. Bei den vorgestellten Modellen bin ich (meist) bei der Schreibweise des Herstellers geblieben.
Bemalung
Bezüglich der Bemalung dieser frühen Schiffe kann man auf das mit russisch- englischem Text veröffentlichte Buch „Russian armoured fleet 1863-1917“ (Original: „ Российский броненосный флот 1863-1917“) zurückgreifen, von dem einzelne Abbildungen auch im www zu finden sind. Das Originalbuch wurde bereits 1882 als Album der damals aktuellen Schiffstypen der Zaristischen Marine veröffentlicht und enthielt farbige Zeichnungen, die von dem Marineoffizier und Künstler V.V. Ignatsius mit großer Sachkenntnis erstellt worden waren. Der Textteil wurde später mit der Geschichte der Marine bis 1917 erweitert.
Ansonsten ist allerdings der Vergleich mit Fotos des Schiffes unerlässlich. Sie müssen unbedingt mit den (soweit vorhandenen) schematischen Darstellungen und Plänen abgeglichen werden, um zu einem einigermaßen korrekten Modell zu kommen.
Aber alle Mysterien der Bemalung können nicht geklärt werden; z.B. ist die Frage, in welcher Farbe einige Turmdecken angestrichen waren weiter ungelöst …

IMPERATOR PETR VELIKY
Dieses große Modell ist Brown-Water-Navy sehr gut gelungen, fast alles ist stimmig und entspricht den bekannten Plänen für den Zeitraum der 1885ger Jahre.
Die IMPERATOR PETR VELIKIY ähnelt vom Aussehen her der englischen Devastation und Thunderer und stellt im Prinzip einen großen Monitor mit geringem Freibord dar. In der Gesamtlänge mit 101,56 m übertraf sie die englischen Schiffe sogar noch. Für den Entwurf zeichnete der für seine runden Schwarzmeer-Küstenpanzerschiffe bekannte A.A. Popow verantwortlich. Das Schiff wurde in St. Petersburg gebaut und 1876 fertiggestellt. Bereits nach kurzer Zeit zeigten sich erhebliche Mängel die wohl im großen Stil erst behoben werden konnten, nachdem das Schiff 1881 in Glasgow umgebaut wurde. Das Schiff wurde vollständig ohne Segelausrüstung konstruiert, was damals eine mutige Entscheidung darstellte. Fernreisen führten sie von St. Petersburg nach GB und in das Mittelmeer.
Ab 1903 wurde das in die Jahre gekommene Schiff vollständig zum Artillerie-Trainingsschiff umgebaut. Der Rumpf wurde fast komplett übernommen und mit hohen Aufbauten versehen, die Antriebsanlage wurde erneuert und das Schiff so in einen zeitgemäßen Zustand versetzt. Die Imperator Petr Velikiy nahm deshalb am Russisch-Japanischen Krieg nicht teil. Erst 1918 wurde sie außer Dienst gestellt, um dann als Blockschiff und Hulk Verwendung zu finden. 1959 wurde sie endgültig abgebrochen.
Unter „Pjotr Weliki (1872)“ findet man bei Wikipedia ergänzende Angaben.



Am Modell habe ich die Beiboote (ich habe nicht alle dargestellt) gegen solche von MoM ersetzt (auf dem Foto links oben ist das Beiboot backbord neben Turm B bereits entfernt), neue Davits und Masten eingesetzt. Auch die auffallenden sehr hohen und schlanken Lüfter wurden ergänzt.
Ein auffallender Herstellerfehler kann leicht korrigiert werden: Durch Unterschieben eines Stückes Plastik-Platte wurde der Kajütbereich unmittelbar am Heck vergrößert.
Das kolorierte Bild der Imperator Petr Velikiy in dem bereits angeführten Buch „Russian armoured fleet 1863-1917“ wurde zur Grundlage der Farbgestaltung. Der untere Bereich der Aufbauten ist dabei schwarz, was am Modell einige Details verschwinden lässt. Diese Variante ist aber auf der Mehrzahl der Fotos zu sehen und scheint mir der Standartanstrich gewesen zu sein. Die Türme, Masten, sowie das Steuerhaus und die Lüfter (Innen) sind in weiß abgesetzt. Variationen sind auf Fotos sichtbar. Es muss auch bereits vor Beginn des Umbaus im Herbst 1903 einen vollständig grauen Anstrich gegeben haben.
Seitlich auf Schiffsmitte fallen Rohre auf, die vom Brückendeck zweifach geknickt bis zur Wasseroberfläche führen. Ich habe nicht feststellen können, worum es sich hierbei handelt. Ein einziges Mal fand ich zu einer Zeichnung eine separate Legende; darin wurde mir das russische Wort „мусорный рукав“ mit „Mülleimer, Müllsack“ übersetzt !!??
Auf den vorhandenen Plänen fallen Dreiviertelkreise auf, die sich kurz vor den hinteren Mast beiderseits der schmalen Brücke befinden. Am Modell sind sie nicht vorhanden. Es handelt sich hierbei um Laufschienen zweier in den Jahren 1878 – 1880 dort fest montierter Mörser. Versuche ergaben, dass die Treffgenauigkeit gering war und das Abfeuern zur Verformung des Decks führte. Sie wurden deshalb wieder demontiert, offenbar blieben die Laufschienen aber lange erhalten.
Und so sieht mein fertiges Modell aus:




 
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RE: Frühe Russische Panzerschiffe der Baltischen Flotte I: IMPERATOR PETR VELIKIY

#2 von Horst S , 01.02.2020 18:21

Hallo,
vielen Dank für diesen Beitrag!
Wenn möglich würde ich gerne mehr zu diesem Sammelgebiet erfahren, denn auch ich finde die "alten Russen" sehr gut.
Was mich ganz besonders an dem Beitrag beeindruckt hat, ist, dass der Autor zum Punkt Bemalung einige Aussagen getroffen hat, die ich unterstreichen kann.
Ich würde mich sehr über eine Fortsetzung dieses spannenden Sammelgebiets mit Berichten und Fotos freuen.
Vielleicht kann man auch einmal die Seeschlacht bei Tsushima aus dem Blickwinkel der russischen Flotte hinsichtlich der Modelle beleuchten.
Nochmals vielen Dank und viele Grüße



Horst S  
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