Ästhetik der Bemalung - ist weniger mehr?

#1 von proflutz , 04.03.2021 11:18

Ein paar Gedanken zur Bemalung:

Mit der zunehmenden Verbesserung der Qualität und Detaillierung unserer Modelle hat auch der Umfang der Bemalung, insbesondere der Decksbemalung sowie die Verwendung von Decals stark zugenommen.

Während z.B. Neptun und anfangs auch Albertross, Mercator, Hai, CM und andere die Decks mit der Rumpf- und/oder Aufbautenfarbe gepönt haben, hat z.B. bei Albatross die vorbildgerechte Bemalung der Decks intensiv (neben der intensiveren Verwendung von Decals) Einzug gehalten. Dies ergibt eine gewisse Diskrepanz zu älteren daneben stehenden Modellen in der Vitrine. Auch ist eine Buntheit entstanden, die ich in unserem Massstab ästhetisch nicht immer als bereichernd empfinde. Oft ist leicht zugängliches Fotomaterial der Vorbilder in Vogelperspektive rar oder fehlt ganz. Zum Teil ist die technisch schwierig auszuführende Decksbemalung gelegentlich in der Serienproduktion verschiedener Hersteller nicht ganz exakt ausgeführt, was eher stört. Ich selbst bin daher bei Decksbemalungen, meist von 3D-Druck-Modellen (außer bei Schiffen mit Holzdecks vor/um 1900) eher zurückhaltend und pöne meist nur funktional herausgehobene Decksanteile wie Heli-Landedecks in anderer Farbe, oder belasse die übrigen Decks in der Grundierungsfarbe Hellgrau.


Im Falle von Links auf Seiten kommerzieller Anbieter wird dieser Post als Werbung bezeichnet.


 
proflutz
Kapitän
Beiträge: 2.272
Punkte: 16.380
Registriert am: 09.08.2014

zuletzt bearbeitet 04.03.2021 | Top

RE: Ästhetik der Bemalung - ist weniger mehr?

#2 von Florian Österreicher , 06.03.2021 23:02

Eine sehr interessante Frage, die hier in den Raum gestellt wurde. Der Eindruck, den ein Original und auch ein Modell macht, hängt primär von der Betrachtungsirchtung ab. Sieht man ein Schiff im Original aus der Distanz (Von der Küste oder einem anderen Schiff) sind keine Decks sichtbar und das Schiff erscheint dementsprechend farblos.
Modelle seiht man naturgemäß oft von schräg oben- eine Perspektive, die im Original selten ist, wenn man nicht gerade auf einer Brücke, einem Helikopter oder der Flanke eines Fjordes steht. Sieht man ein echtes Schiff allerdings von oben, wird es schnell bunt.

Ich persönlich freue mich immer, wenn ich ein Schiff aus dieser Perspektive sehe, und genau so ist es auch bei meinen Modellen. Natürlich sollte die Bemalung sorgfältig sein, damit sie gut wirkt. Aber genau das gilt auch für alle anderen Merkmale eines Schiffes, damit man Freude daran hat. So sollten ja auch Proportionen, Formen, Fenster und so weiter sauber sein.

Eine ungenaue Bemalung fällt natürlich auch sehr schnell ins Auge, weil ungenaue Trennlinien bei starken Kontrasten natürlich noch auffälliger sind und ich verstehe den Frust des Sammlers, wenn die Bemalung mit einem hohen Modellpreis einher gegangen ist. Generell finde ich aber, dass die Decks gemalt sein sollten, man möchte das Schiff ja so haben, wie es auch in Wirklichkeit ist. Möchte man das Schiff so sehen, wie man es auch auf See trifft, würde ich vorschlagen, es in der Vitrine weiter oben zu platzieren :-)


Mare Nostrum & Friendship 1250

https://friendship1250.at/


 
Florian Österreicher
Steuermann
Beiträge: 334
Punkte: 3.445
Registriert am: 01.08.2014


RE: Ästhetik der Bemalung - ist weniger mehr?

#3 von Thomas V. ( gelöscht ) , 07.03.2021 08:35

Moin!

Wenn schon, denn schon. Die Decksbemalung ist doch das Salz in der Suppe. Es macht doch immer wieder Spaß dem richtigen Anstrich hinterher zu jagen. Besonders schön, wenn sich dann, nach ein paar Jahren die Farbe ändert.
Hier mal eine Farbauswahl:

https://www.bergo-shop.de/images/content...lence_de_lr.pdf

Schönen Sonntag

Thomas


Thomas V.

RE: Ästhetik der Bemalung - ist weniger mehr?

#4 von Godeke Michels , 07.03.2021 10:22

Moin!
Wirklich sehr interessant! Ich kann beiden Sichtweisen zustimmen.
Bei den "Grauen" (also nicht tarnbemalten) empfinde ich eine überbordende Decksbemalung, genau wie Lutz, als eher störend. Ausnahmen, siehe Lutz - wobei die oft ja auch gar nicht grau waren.
Meinem ganz subjektiven Empfinden nach stört es eher, wenn ein "Grauer" mit bunten Decks daherkommt, auch wenn das in Wirklichkeit so war.
Ich denke, daß einen großen Teil der Modellbaukunst auch ausmacht, sich auf sinnvoll darstellbare Details zu beschränken. Wenn dann eine Bemalung nur schwer realisierbar (Decks klein oder verbaut) und dann naturgemäß hier oder da nicht ganz exakt ist oder die Farbe "die Aufbauten hochläuft", dann ist das sehr störend. Grau belassen wäre sicher sinnvoll, da das Modell zum einen deutlich günstiger sein könnte und obendrein dieser unangenehme Eindruck einer "luschigen" Bemalung für "so viel Geld" gar nicht erst entstünde.
Bei den "Bunten" hingegen empfinde ich eine ordentliche Bemalung der wesentlichen Decksflächen also "Muss". Ich persönlich könnte aber sehr gut damit leben, wenn beispielsweise überdachte Nocken, die (wenn mitgegossen) eh nur mit einem 2- maximal 3-Haarpinsel zu erreichen wären, nicht den originalen Decksbelag treffen. Da finde ich saubere Trennlinien und proportional stimmige Flächen bei mehrfarbigen Anstrichen jedenfalls deutlich wichtiger.
Womit der Kreis zur Kunst des Weglassens oder Simplifizierens geschlossen wäre.
Was ich in diesem Zusammenhang genial finde ist, wenn ein Hersteller bei einem Modell bewusst ein Fenster in einer langen Reihe weniger macht, damit diese länglich werden. Würden die Fenster in der exakten Anzahl dargestellt, wären sie nur noch quadratisch gießbar, was den Eindruck aber deutlich mehr störte, als ein Fenster weniger, was im Zweifel eh keiner bemerkt. Dafür haben sie aber alle die richtige Form. GENIAL!!
Und genau in diese Richtung zielt für mich auch der Beitrag von Lutz. Manchmal ist weniger tatsächlich mehr.
Aber wie stets, ist das natürlich eine Geschmacksfrage - und eine Frage des Geldbeutels...
Vielen Dank Lutz für das interessante Thema, hoffe auf viele weitere Beiträge, besonders auch von Herstellerseite!
Beste Grüße,
Thorsten F.


Der Jammer mit der Menschheit ist, daß die Narren so selbstsicher sind und die Gescheiten so voller Zweifel. (Bertrand Russel)


 
Godeke Michels
Kapitän
Beiträge: 519
Punkte: 5.015
Registriert am: 04.08.2014


RE: Ästhetik der Bemalung - ist weniger mehr?

#5 von Karl , 07.03.2021 10:41

…. auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt unbeliebt mache, insbesondere bei den echten Künstlern, welche bei den Farben möglichst nah am Original sind. Mich stört, bei den Grauen wie bei den Bunten, der Entfernungseffekt. Stehe ich einen Meter von meiner Vitrine entfernt, sehe ich die Modelle so wie die Originale aus ca. einen km.

Gerade bei den Fahrgastschiffen schreien mich die Farben an, sollen sie ja in echt ja auch, wenn ich viel Geld für eine Kreuzfahrt bezahlt habe und ich direkt vor dem Schiff stehe. Aber aus einem km schreit da keine Farbe mehr, die wirken blasser. Physikalisch ganz normal. Und ich sehe die Modelle nun mal wie die Originale aus Entfernung. Daher auch meine Meinung: Weniger kann in unserem Maßstab mehr sein, ein Grund warum z. B. bei Fahrgastschiffen Carlo Marquardt mit seinen dezenteren Bemalungen mein persönlicher Favorit ist.


 
Karl
Kapitän
Beiträge: 831
Punkte: 8.296
Registriert am: 21.12.2014


RE: Ästhetik der Bemalung - ist weniger mehr?

#6 von RG , 07.03.2021 11:18

Dezente Farben (so gut es geht ) aber doch vollständiger.

Hängt auch alles von der Darstellung ab : eine tolle Großfähre in allen Variationen ist einfach schön .Stelle ich dann aber 15 solche Fähren mit
blauer Decksbemalung in einen engen Vitrinenkasten ,dann bekomme ich -egal aus welcher Entfernung- eine -naja- eben blaue Fläche ,die letztlich
das Einzelmodell schluckt.
Nicht gut und meist auch nicht schön ist die Hybridvariante: Decksbemalung ja ,aber viele auch große Flächen bleinem weiß . Das dann zu ändern
führt dann schon mal zu bunten Vögeln...
Zu Zeit von zB Mercator und anderen damaligen Serien wie RG,Poseidon ,CM ,selbst Rhenania, und AL blieben die meisten Deckflächen einfach
weiß und vergilbten über die Zeit ,was dann in der Mischung in der Sammlung garnicht mal unattraktiv wirkt. Bei allem Hang zum Bemalen,weder
bei den Bunten noch den Grauen käme ich auf die Idee ,alles auf den EINEN ,perfekt komplett bemalten Stand zu bringen.

Sich mal den einen oder anderen Teil der Sammlung oder ein Einzelschiff herauszuholen ,ist dann aber wieder freudiges Beschäftigen mit der Sammlung.

Jedenfall ich freue mich über schön bemalte Modelle ,neu dürfen sie auch NEU darstellen. Ältere Baujahre mit den falschen (zu kräftigen und
praktischerweise immer gleichen Farben zu bemalen ,ist für mich nicht das Richtige.

Manche Modelle (zB 3 D) MUSS man aber bemalen und da darf man das dann ja auch gerne der eigenen Vorstellung und Sammlung anpassen.

Fazit : Jeder wie er mag und irgendwie etwas Hand anlegen zur Korrektur gehört für mich dazu.

PS: genauso wie das Ergebnis dann hier zu präsentieren.


RG  
RG
Kapitän
Beiträge: 2.338
Punkte: 20.954
Registriert am: 13.08.2014


RE: Ästhetik der Bemalung - ist weniger mehr?

#7 von Manfred Grimm , 07.03.2021 11:19

Everybody's darling is everybody's Depp.

und wenn schon Karl, wie sagte Franz Joseph Straß einmal: Everybody's darling is everybody's Depp.
Deshalb allen Beitragsautoren zu dieser Thematik herzlichen für die verschiedenen Aspekte, auf deren Grundlage sich jeder seine eigene Meinung bilden kann.

Manfred Grimm



Manfred Grimm  
Manfred Grimm
Kapitän
Beiträge: 529
Punkte: 8.124
Registriert am: 09.01.2016


   

Llyn
Sumatra NL

disconnected Foren-Chat Mitglieder Online 0
Xobor Ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz